Altona. Fabian möchte später Chef sein, eine eigene Firma haben. Aber wenn es nicht gleich klappt, würde er durchaus eine Ausbildung oder ein Studium vorher machen. Der 14-Jährige übt derzeit schon einmal dafür. Wie er eine Firma gründet, mit welchen Herausforderungen er es zu tun hat, was alles zu beachten ist – das kann der Gymnasiast aus Volksdorf in diesem Sommer lernen. Denn Fabian ist einer von 19 jungen Sommerunternehmern im Alter von 13 bis 18 Jahren, die in ihren Ferien ihre Geschäftsideen mit Hilfe von Profis verwirklichen.
Mit „MueslYard“ soll es klappen, der Traum vom eigenen Geschäft. Fabian und seine Geschäftspartner Lukas (17) und Pascal (14) stehen hier vor anderen jungen Sommerunternehmern. Bis vor fünf Tagen kannten sie sich noch gar nicht. Alle drei kommen aus unterschiedlichen Stadtteilen, von unterschiedlichen Schulen. Das Unternehmertum und das Brennen für eine Idee verbindet sie. Fünf Tage lang haben sie alle in Teams an ihren Ideen getüftelt, und heute ist der große Tag. Der Tag der Präsention – oder wie es in der Start-up- und Werber-Szene heißt: die Nachwuchsbosse wollen mit ihrem Pitch überzeugen. Sie üben, wie im wahren Geschäftsleben anzutreten, um Aufträge zu bekommen.
Das Motto: Nicht lang schnacken, machen
Ihre Geschäftsidee: auf Kundenwunsch zusammengestellte Müslis zu verkaufen. Natürlich alles bio, auf Wunsch vegan, für Allergiker geeignet, mit und ohne Nüsse und natürlich in umweltfreundlichen Gläsern präsentiert. Das ist etwas, was viele der Schüler, die beim Ferienprogramm „Sommerunternehmer“ vom Verein Futurepreneur mitmachen, gemeinsam haben: Den meisten geht es um fair gehandelte Waren, um Plastikverzicht. Alles ein bisschen bio, umweltfreundlich, nachhaltig. Zukunftsweisend eben.
„Unser Motto: Je verrückter, desto besser“, sagt Lukas. Ganz souverän macht er das. Und die Coaches Bastian Schenker und Jana Wiese sind begeistert – es fallen immer wieder Wörter wie „mega“, „toll“, „wow“, und Schenker und Wiese sind regelrecht „geflashed“ von den Ideen. Motivation ist alles. „Just do it“, mach es einfach, ist so ein Start-up-Motto. Heißt so viel wie: Nicht lang schnacken, machen.
Damit sie starten können, gibt es für jedes Team nach der erfolgreichen Präsentation 100 Euro Startkapital in einem Umschlag. In einer Praxisphase bis zum 14. August können sich die Jungunternehmer dann ausprobieren. Sie können sich Tipps von erfahrenen Unternehmern holen, so steht beispielsweise noch ein Treffen mit Tarek Müller auf dem Terminplan, dem Gründer von About You, dem Online-Shop für Bekleidung. Später sollen sie ihre Produkte möglichst gewinnbringend auf den Markt bringen. So wollen die Jungs mit der Müsli-Idee am 21. Juli im Mercado in Ottensen um Kunden werben.
Laleh (16), Sylvia (15) und Anna (16) haben eine andere Idee. Die drei Mädels wollen mit einem Mode-Beauty-Label überzeugen und Schminke herstellen, T-Shirts auf Wunsch bedrucken und selbst gemachten Schmuck verkaufen. Warum? Weil sie es können. Zeichentalent ist vorhanden, und Anna trägt bereits ihre eigene Schmuckkollektion zur Schau. Alan (17) hat bereits Erfahrungen als Produzent von Rap Videos und will das mit seiner „Filme Media“ ausbauen. Charly (14), Michael (14) und Eslem (17) sind so etwas wie eine Event-Agentur und wollen ein Kinder- und Jugendfilmfestival organisieren. Andere Firmengründer gehen in die Bekleidungsbranche und wollen T-Shirts oder Caps auf Wunsch bedrucken und designen, altes Spielzeug, Schallplatten oder Skateboards besprühen und aufwerten.
Und Lotte aus Altona, mit 13 Jahren die Jüngste, will mit frischen Smoothies ihr Taschengeld aufbessern. Einen Werbespruch hat sie auch schon drauf: „Be part of the smoothment.“ „Smoothment“ heißt auch ihre Firma. Um die drei Euro soll ein frisch gepresster Smoothie kosten. Sie möchte einen mobilen Stand haben und mal hier, mal dort stehen. Ihren Standort will sie über die sozialen Netzwerke bekannt geben.
Alles bloß Träumereien? Vielleicht. Und die eine oder andere Geschäftsidee wird sich im Laufe des Workshops vielleicht auch noch als Rohrkrepierer entpuppen. Macht nichts. „Es geht darum, die eigenen Potenziale zu entdecken: „Wer bin ich? Was macht mir Spaß?“, sagt Kerstin Heuer. Sie hat den Verein „Futurepreneur“ vor sechs Jahren gegründet und jahrelang in der PR und später als Gründungsberaterin gearbeitet. Hier bei den Sommerunternehmern im Kulturhaus Esche kommen Jugendliche aus allen Stadtteilen zusammen, egal ob Gymnasiast oder Stadtteilschüler. Die Mischung macht es. „Wir hatten schon eine Internatsschülerin, die hier mit einem Mädchen mit Gewaltproblemen zusammengearbeitet hat“, sagt Kerstin Heuer. Bei den Sommerunternehmern ist das kein Problem. Alle arbeiten zusammen an Ideen und an Problemlösungen. „Unternehmer machen keine Fehler, sondern Erfahrungen“, sagt sie. Jeder wird an seinen Herausforderungen wachsen, davon ist sie überzeugt.
Die Teilnahme ist klar geregelt durch einen Vertrag. Lotte, Lukas und die anderen verpflichten sie sich unter anderem, ein Kassenbuch und ein Unternehmertagebuch zu führen. Die 100 Euro Startkapital bekommen sie von der Kurt und Maria Dohle Stiftung. Höhepunkt ist am 14. August, wenn den jungen Unternehmern in der Handelskammer ein Diplom überreicht wird.
Erst einmal aber geht es für einige, wie für Lotte, in die Sommerferien. Sie wird zwei Wochen in Schweden ausspannen, bevor sie weiter an ihrer Geschäftsidee tüftelt.
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