Warum finden immer weniger Besucher ihren Weg in deutsche Möbelhäuser? Michael Eck, Inhaber des Event-Möbelhauses Die Wäscherei hat da seine eigene Meinung.

Weniger Besucher, sinkende Umsätze: Die Möbelbranche leidet unter anhaltender Konjunkturschwäche. Laut einer Hochrechnung des Instituts für Handelsforschung (IFH) in Köln schrumpfte der Gesamtumsatz für Wohnmöbel im Jahr 2017 gegenüber dem Vorjahr um 2,1 Prozent auf rund 20,2 Milliarden Euro. Auch für 2018 sei laut IFH keine Trendwende in Sicht.

Verantwortlich für die Flaute seien nach Einschätzung der Branchenexperten gleich mehrere Faktoren. Neben dem Frequenzrückgang – also ausbleibenden Besuchern – verhageln den Händlern vor allem die Online-Konkurrenz, Preiskämpfe und Rabattschlachten die Bilanzen. Darüber hinaus aber tragen viele von ihnen selbst einen Teil zur Krise bei: Ein weiterer zentraler Grund für den Besucherschwund sei laut IFH nämlich die „mangelnde Profilierung“ der Möbelhäuser. Anders gesagt: Der Laden und sein Angebot langweilt die Besucher.

Ausnahmen bestätigen die Regel. Michael Eck, Inhaber des Kultmöbelhauses „Die Wäscherei“ ist einer der wenigen Anbieter der Republik, die dem Abwärtstrend bisher standhalten konnten. Das belegen nicht nur gleichbleibende Besucherzahlen, sondern auch die unter dem Strich „nach wie vor sehr erfreuliche Umsatzentwicklung“, wie Eck betont.

Dennoch räumt er ein, dass der Kampf um Kunden auch für ihn und sein Team in den vergangenen Jahren härter geworden sei. „Wir müssen uns immer mehr anstrengen, um unsere Kunden mit neuen Produkten zu begeistern und zum Besuch in die City Nord zu bewegen“, so das Fazit des Sommer-Interviews in der Wäscherei.

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Die "Lampe des Anstoßes" © Hedda Möller

Das Gespräch beginnt mit einem Schock: Bei der Begrüßung im hauseigenen Bistro stößt die Reporterin mit dem Kopf gegen einen gläsernen Lampenschirm dessen Scherben sich geräuschvoll über den darunterliegenden Tisch verteilen. Eine Beule bleibt ihr erspart, nicht aber ein Witz auf ihre Kosten: „Den Schirm setze ich Ihnen gleich auf die Rechnung“, so Eck. Innerhalb von fünf Minuten hat ein Mitarbeiter den Schaden behoben, das Gespräch kann beginnen.

Hamburger Abendblatt: Geht bei Ihnen alles so schnell kaputt?

Michael Eck: (lacht) Wie Sie das da eben fertiggebracht haben, weiß ich auch nicht. Aber in der Regel halten unsere Produkte viel aus und bleiben unseren Kunden lange erhalten – wenn sie sich nicht irgendwann mit ihnen langweilen und sie durch etwas Neues ersetzen wollen. Wir arbeiten mit vielen klassischen Markenherstellern und kaufen auch sonst nur Qualitätsware. Alles andere wäre Selbstmord in diesen hart umkämpften Zeiten.

Sie spielen auf die schweren Zeiten an, die ihre Branche gerade durchlebt, doch für Ihr Haus gelten sie offenbar nicht. Was ist Ihr Geheimnis?

Zunächst einmal eine nüchterne Bestandsaufnahme: Es wird ja immer sehr viel Ursachenforschung betrieben, warum die Kunden nicht mehr in die Läden kommen. Sicher ist der Online-Handel, der die Preise der Hersteller transparent macht, für viele ein Problem und auch ein wesentlicher Grund für den Besucherrückgang. Jeder kauft dort, wo es am günstigsten ist – das würden Sie auch tun. Daher auch die Preiskämpfe, die den Handel zusätzlich schwächen. Das sind meiner Meinung nach aber nicht die ursächlichen Gründe für die Branchenkrise. Denn viele Online-Händler selbst sind irritiert, weil ihre Umsätze ebenfalls zum Teil stark rückläufig sind. Woran das wohl liegt? Ich sage es Ihnen: Es sind die Hersteller, denen nichts Neues mehr einfällt. Womit soll ein Händler also seine Kunden in die Läden locken, wenn die Möbelkollektionen immer langweiliger werden? Was glauben Sie, warum ich schon selbst Möbel unter eigenem Namen entwickle (lacht).

Das ist eine steile These. Die Hersteller leben doch vom Handel, warum sollten sie ihn nicht mit Neuheiten versorgen, die ihnen mehr Umsatz bringen?

Sie gehen alle auf Nummer sicher. Ich weiß das, weil ich auf vielen internationalen Messen unterwegs bin. Viele Hersteller – ich will jetzt keine Namen nennen – mit denen wir viele Jahre zusammengearbeitet haben, variieren nur noch ihre Standardmodelle, weil sie sich nichts mehr zutrauen. Alle sind wie erstarrt in ihrer Kreativität gehemmt – ähnlich wie die Filmindustrie auf Nummer Sicher geht und die dritte oder vierte Fortsetzung eines Blockbusters dreht, statt einen neuen, originellen Stoff umzusetzen. Denn ein Flop will und kann sich keiner leisten. Was bei dieser Haltung an kreativer Leistung herauskommt ist oft zum Gähnen, das mute ich meinen Kunden nicht zu.

Was ist also die Lösung?

Was uns betrifft wussten wir schon vor einigen Jahren: Wir müssen uns immer mehr anstrengen und nach Alternativen suchen zu den Angeboten etablierter und oft satter Markenhersteller, die uns nicht mehr überzeugt haben. Ich gehe deshalb mittlerweile sogar auf kleinste Hausmessen in der Hoffnung, ein paar Einhörner zu finden – also junge, kreative Firmen, deren Produkte frisch und eigenwillig daherkommen und die Herzen meiner Besucher höherschlagen lassen. Das ist nicht so einfach. Früher war ich auf weit weniger Messen und habe mit weit weniger Aufwand viel mehr Beute gemacht (lacht).

Tisch von Calligaris mit einer Platte aus unempfindlicher Glaskeramik in Marmoroptik.
Tisch von Calligaris mit einer Platte aus unempfindlicher Glaskeramik in Marmoroptik. © Die Wäscherei

Welche Einhörner präsentieren Sie Ihren Kunden in diesem Sommer und Herbst?

Meine Lieblinge sind die Firmen Adrenalina und Seletti mit wirklich stilvollen, dabei zum Teil sehr abgefahrenen Wohnmöbeln. Von Adrenalina gibt es einen wunderschönen Stuhl mit gepolsterter Lehne, die an Boudoir-Möbel erinnert, dabei ist die Sitzfläche sehr pur. Ein toller Kontrast, der zeigt, dass die Möbel insgesamt weiblicher werden. Seletti macht beispielsweise diese sehr dekorativen Tierlampen, von denen wir schon einige bei uns im Sortiment haben. Auch die Tische von Calligaris mit einer Platte aus unempfindlicher Glaskeramik in Marmoroptik sind ein Renner. Sie wirken extrem hochwertig und dekorativ, sind dabei absolut resistent gegen Kratzer. Für viele, die nachhaltig denken, sind sie eine ideale Alternative zu Holztischen.

Das sind sicher nicht alle Neuheiten?

Nein, wir arbeiten mit vielen Firmen, deren Namen und Herkunft wir verschweigen, um nicht die Konkurrenz auf den Plan zu rufen. Wir wollen ja exklusive Produkte anbieten, das ist unser Geschäft.

Stichwort Exklusivität. Die Wäscherei ist der offizielle Flagshipstore von Timothy Oulton in Deutschland. Was gibt es hier Neues?

Die Wäscherei ist der offizielle Flagshipstore von Timothy Oulton in Deutschland.
Die Wäscherei ist der offizielle Flagshipstore von Timothy Oulton in Deutschland. © Die Wäscherei

Das schauen wir uns gleich an...

Eck steht auf und geht voraus zur Ausstellungsfläche des englischen Designers. Eine massive Lampenkonstruktion mit mehreren Glaskörpern hängt hier über einem ebenso bodenständigen schwarzen Holztisch, davor ein massiges Ecksofa mit Kalbslederbezug und eine Art filigraner Clubsessel.

Was Sie hier sehen, stammt alles aus der neuesten Kollektion. Die Lampe ist wahnsinnig schwer, da wären Sie beim Anstoßen nicht so glimpflich davongekommen (lacht). Die neue Kollektion ist sehr rough und ehrlich, alles ist handwerklich perfekt verarbeitet. Die Couch ist superbequem und das Leder einfach der Hammer (setzt sich auf das Sofa und streicht über die Lehne). Das ist definitiv ein Stück fürs Leben.

Weiter geht es zu den Kojen. Die Ausstellungsflächen, turnusmäßig neu gestaltet vom hauseigenen Deko-Team, zeigen aktuelle Trends und Raumkonzepte auf kleinstem Raum. Ein Holztisch mit passenden Stühlen vor einer Vitrine mit allerlei Grünzeug, vollgestellt mit zahllosen Pflanzenkübeln dominiert die erste Koje. Darüber hängt eine Bastlampe, an den Wänden eine Tapete in Dschungel-Optik. Das Bild wirkt wie eine Persiflage auf den Megatrend NATUR, der die Branche seit mehreren Jahren prägt. Die zweite Koje zeigt Möbel aus Marokko und Tunesien in Form von Lampen, bemalten Kacheln und Geschirr.

Natur und Orient sind derzeit zwei Hauptthemen, die sich durch viele unserer Kollektionen ziehen. Bei unserer Nauturdeko handelt es sich mittlerweile um die wohl hundertste Variante, die unser Team zum dem Thema gestaltet hat, auch das Orient-Thema ist nicht ganz neu, aber hat seinen Zenit noch nicht erreicht. Hier ist vor allem die Handarbeit gefragt in Form bemalten Tischgeschirrs, Lampen und Fliesen.

Vor allem die Dschungeltapete ist sehr ungewöhnlich. Woher stammt sie?

Michael Eck durchblättert den Rebel Walls Katalog während des Interviews.
Michael Eck durchblättert den Rebel Walls Katalog während des Interviews. © Hedda Möller

Wir arbeiten mit einer niederländischen Tapetenmanufaktur namens Rebel Walls, die unsere Kunden zeitnah beliefert. Ich zeige Ihnen mal ein paar Muster (er geht voran zur Tapetenabteilung und lässt sich von einer Mitarbeiterin den aktuellen Katalog vorlegen).

Der Name ist Programm. Die Tapeten von Rebel Walls sind extrem kreativ und ungewöhnlich in der Gestaltung. Damit passen sie perfekt in unser Konzept. Übrigens sind wir genauso selektiv, was die Auswahl unserer Teppiche und Kissenkollektion betrifft, die wir in neu geschaffenen Abteilungen zeigen. Das zum Thema Profilierung als Erfolgsfaktor: Unsere Kunden wissen, dass wir sie nicht mit 08-15-Produkten abspeisen.

Zum Schluss gibt es noch einen Kaffee im Bistro. Diesmal bleibt die Lampe heil. Einen Scherz zum Abschied kann sich der Hausherr dennoch nicht verkneifen. „Wenn Sie Unsinn schreiben, weiß ich wenigstens: es lag an der Lampe.“

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