Hamburg. „Ab heute ist es untersagt, Menschen aufgrund bestimmter Merkmale zu diskriminieren. Rechtliche Grundlage ist das Diskriminierungsverbot, das dazu da ist, die ,Nation Mensch‘ in den Vordergrund zu rücken“, hallt es durch die Straßen des Karolinenviertels.
Eine politische Kundgebung? Zumindest nicht vordergründig, denn die Redner sind Schüler, die an dem Projekt „Karolonia“ teilnehmen. Insgesamt sind rund 1000 Schüler von 15 verschiedenen Hamburger Schulen daran beteiligt, eine fiktive Mikronation aufzubauen, einen kleinen utopischen Staat, dessen Staatsgebiet die Marktstraße ist, das Herz des Karoviertels. In 22 Projekt-Stationen entwickeln die Schüler einen Staat nach ihren Vorstellungen, das große Finale ist die heutige Eröffnung von 12 bis 15 Uhr.
Schüler dürfen Balkone von Anwohnern nutzen
Seit Montag wird geschraubt, geschrieben und vieles mehr – im Vordergrund steht immer die Kunst mit all ihren Ausprägungen. Die Projekte reichen von einer eigenen Karolonia-Zeitung bis hin zu ausgedachten Sprüchen, die auf T-Shirts gedruckt und im Bekleidungsgeschäft „Elternhaus“ verkauft werden. Und nicht zu vergessen die Redner, die von privaten Balkonen der Anwohner herunterrufen, was sie sich für den fiktiven Staat wünschen. Die Themen sind auch für die reale Gesellschaft relevant, unter anderem geht es um Rassismus und Gleichberechtigung.
Dass die Produkte der Schüler teilweise in den ansässigen Läden verkauft werden und die Balkone der Anwohner genutzt werden dürfen, ist Teil des Konzepts von „Karolonia“.
Anwohner freuen sich über Belebung
„In letzter Zeit waren viele in der Marktstraße der Meinung, dass hier mal was passieren muss, also kam das Projekt der Schüler genau richtig“, sagt Katrin Ostmann, eine Betreuerin des Projekts. „Sie beleben das Viertel und sind hier nicht nur wie Besucher, sondern docken richtig an“.
Initiator des Projektes, das unter anderem durch die Behörde für Schule und Berufsbildung finanziert wird, war das Programm „Kulturagenten für kreative Schulen“, das Schulen dabei unterstützt, die kulturelle Bildung voranzutreiben, beispielsweise, indem Schulen und externe Künstler von sogenannten Kulturagenten zusammengebracht werden.
So war es auch bei diesem Projekt, denn die einzelnen Stationen werden jeweils von Künstlern begleitet. „Wir glauben daran, dass es ein unglaublich wichtiger Lerneffekt ist, Kinder über Kunst zu bilden“, sagt Kulturagentin Julia Münz.
Jonna Henze aus der 11. Klasse der Stadtteilschule Stellingen ist Teil des Zeitungsprojekts, bei dem jeweils eine Doppelseite einem Buchstaben des Wortes „Karolonia“ zugeordnet wurde. So sind Themen entstanden wie „kantig“ und „Regenbogen“. Was man sich unter letzterem vorstellen kann? Die Schüler zeichnen bunte Graffitis, die als ausschneidbare Aufkleber in die Zeitung kommen. Vielen hat die Projektphase so gut gefallen, dass sie sich vorstellen können, selber einmal bei einer Zeitung zu arbeiten. Und womöglich werden während des „Karolonia“-Projektes auch die großen Redner von morgen geboren.
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