Outdoor-Ausrüster

150 Jobs bei Globetrotter in Hamburg fallen weg

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Hanna-Lotte Mikuteit
Sind sauer wegen des geplanten Umzugs nach Mecklenburg-Vorpommern: Gewerkschafterin Heike Lattekamp (l.), Betriebsrätin Gabriele Kayser und Rolf Schiemer, der seit 21 Jahren bei Globetrotter arbeitet

Sind sauer wegen des geplanten Umzugs nach Mecklenburg-Vorpommern: Gewerkschafterin Heike Lattekamp (l.), Betriebsrätin Gabriele Kayser und Rolf Schiemer, der seit 21 Jahren bei Globetrotter arbeitet

Foto: Michael Rauhe

Zentrallager des Outdoor-Spezialisten zieht nach Ludwigslust. Mecklenburg-Vorpommern fördert Ansiedlung mit Millionen-Betrag.

Hamburg.  Der Outdoor-Spezialist Globetrotter ist für viele Hamburger ein Sehnsuchtsort. In den Filialen in Barmbek und in der Nähe des Gänsemarkts lassen sich beim Stöbern zwischen Bergstiefeln, Mückenschutz und neuen Kanus die nächsten Urlaubsabenteuer schon mal vorempfinden. Am Firmensitz des mittlerweile zum Outdoor-Konzern Fenix gehörenden Unternehmens in Rahlstedt ist die Stimmung dagegen weit weniger gut. Das Zentrallager, das ebenfalls an dem Standort untergebracht ist, wird komplett aufgelöst und zieht ins mecklenburgische Ludwigslust. Von der Verlagerung sind etwa 150 Arbeitsplätze betroffen.

„Wir wurden im April darüber informiert, dass die Logistik-Abteilungen abgespalten und in die neu gegründete Tochterfirma Fenix Outdoor Logistics GmbH integriert werden“, sagt Betriebsrätin Gabriele Kayser. Zwei Monate später der nächste Schock. Auf einer Betriebsversammlung teilte die Geschäftsführung der Belegschaft die Pläne für den Bau eines neuen Logistik-Zentrums in Ludwigslust mit. Umzugstermin: Herbst 2018. Allen Mitarbeitern wird eine Weiterbeschäftigung zu gleichen Bedingungen angeboten – gut 100 Kilometer von ihrem jetzigen Arbeitsplatz entfernt. „Für viele ist das keine realistische Option“, sagt Kayser.

Modernes Lager auf einer Fläche von 20.000 Quadratmetern

In dem Ludwigsluster Industriegebiet nahe der A 14 will Fenix knapp 19 Millionen Euro investieren. Errichtet wird ein modernes Lager auf einer Fläche von 20.000 Quadratmetern in zwei Bauabschnitten. „Wir sind mit dem deutlich kleineren Hamburger Lager an die Leistungsgrenze gekommen“, erklärt Globetrotter-Geschäftsführer Andreas Bartmann auf Abendblatt-Anfrage. Er sei froh, dass es gelungen sei, ein gutes Angebot zu finden. Am neuen Standort wird künftig das gesamte europäische Versandgeschäft für die Marken der Fenix Holding, darunter Fjällräven und Naturkompaniet, abgewickelt.

Über eine teilautomatisierte Sortier- und Verpackungsanlage sollen bis zu 5000 Pakete an Endkunden und bis zu 25.000 Filialartikel täglich verschickt werden. Die Freude in der Region ist groß – und die Hoffnung auf Arbeitsplätze. Zur Grundsteinlegung im August kam sogar der Wirtschaftsminister aus Schwerin. Das Land Mecklenburg-Vorpommern fördert das Vorhaben im Rahmen der „Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ mit knapp 2,7 Millionen Euro.

Die Fronten sind verhärtet

Die Fronten am bisherigen Standort in Hamburg sind inzwischen verhärtet. Eine erste Verhandlungsrunde über einen Sozialplan und einen Interessenausgleich ist geplatzt. „Das Angebot war völlig unzureichend“, sagt Betriebsrätin Kayser. Die Arbeitnehmervertreter fordern Abfindungen für Beschäftigte, die nicht mit nach Ludwigslust gehen. „Den Hamburger Standort zu schließen und der Belegschaft fast ohne soziale Abfederung die Pistole auf die Brust zu setzen, ist ein Unding“, sagt Heike Lattekamp, Landesfachbereichsleiterin für den Handel bei der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, dem Abendblatt. „Zudem haben viele Mitarbeiter ihr Leben auf die Zusagen eines Arbeitgebers gesetzt, der sich immer auf seine soziale Verantwortung berufen hat.“

Rolf Schiemer ist so einer. Seit nunmehr 21 Jahren arbeitet er bei Globetrotter. In den vergangenen Jahren hat er sich weiterqualifiziert, aktuell ist er im Lager für den Bereich Fehlerbearbeitung zuständig. „Wir haben uns immer als Teil einer großen Familie gefühlt, sogar Feste haben wir zusammen gefeiert“, sagt der 55-Jährige, der mit seiner Familie in Fuhlsbüttel lebt. Nachdem Globetrotter vor einigen Jahren in eine schwere finanzielle Krise geraten und in der Folge 2015 zunächst teilweise und dann komplett von Fenix übernommen worden war, habe sich das verändert. Ein Logistik-Standort wurde geschlossen, etwa 100 Mitarbeiter mussten gehen. Weihnachts- und Urlaubsgeld seien gestrichen worden, Tarifanpassungen gebe es nicht mehr. „Und die Angst vor weiteren Stellenstreichungen ist seitdem immer da“, sagt Schiemer.

Wirtschaftliche Entwicklung auf postitvem Kurs

Von einem Jobabbau will Geschäftsführer Bartmann jedoch nicht sprechen. Die wirtschaftliche Entwicklung bei Globetrotter Ausrüstungen sieht der Manager, der als Einziger aus dem ehemaligen Globetrotter-Führungsteam übrig geblieben ist, nach schwierigen Jahren wieder auf einem positiven Kurs. Das Unternehmen schloss nicht nur unrentable Filialen und trennte sich von einer Beteiligung an einer Ferienanlage in Torfhaus im Harz, sondern stellte sich auch mit einem Konzept von City-Filialen und einem modernisierten Online-Shop neu auf. Derzeit ist der Outdoor-Spezialist an 13 Standorten mit insgesamt 1200 Mitarbeitern in Deutschland vertreten. Der Firmensitz mit seinen rund 170 Arbeitsplätzen in der Verwaltung soll in Hamburg bleiben.

Am Sonnabend ist eine Kundgebung geplant

„Die Neuordnung des Logistikbereichs war notwendig, um im scharfen Wettbewerb mithalten zu können“, sagt Bartmann, der auch Präsident des Handelsverbandes Nord ist. Allen festen Mitarbeitern sei ein Arbeitsplatz am neuen Standort angeboten worden. Abfindungsangebote seien daher nicht notwendig. „Wir bleiben ja in der Metropolregion und ziehen nicht nach Bayern.“ Er setzt auf eine Fortsetzung der Verhandlungen über einen finanziellen Nachteilsausgleich etwa bei Fahrtkosten für die Beschäftigten, die mitgehen. Da es sich um qualifizierte Mitarbeiter handele, sehe er bei allen anderen kein Problem, einen alternativen Arbeitsplatz in Hamburg zu bekommen. Offenbar rechnet das Unternehmen damit. Zunächst war in einem Statement der Schweriner Landesregierung nur von 66 Arbeitsplätzen in Ludwigslust die Rede. Jetzt heißt es, man gehe perspektivisch von 150 Jobs aus.

Bei den Beschäftigten ist der Unmut inzwischen groß. „Der Arbeitgeber sollte seine soziale Verantwortung mit einem Sozialplan ausdrücken“, sagt Ver.di-Bereichsleiterin Lattekamp. Für Sonnabend rufen Gewerkschaft und Betriebsrat zu einer Kundgebung vor der Globetrotter-Filiale in Barmbek auf, um der Forderung nach einem Abfindungsangebot Nachdruck zu verleihen. Der Zeitpunkt ist mit Bedacht gewählt: Eine Woche vor Weihnachten werden viele Kunden zum Einkaufen kommen.

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