Ein Rundgang durch die Wäscherei. Heutiges Thema, platt und auf den Punkt: „Wie muss man Möbel und Accessoires arrangieren, damit sie gekauft werden?“ Über das Konzepts der „kontrollierten Überwältigung“ und den Mann hinter den Kulissen.

Düfte2.jpg
© Die Wäscherei

Samstag, 11 Uhr: Michael Eck, grauer Anzug, verschmitztes Lächeln, empfängt mich im Kassenbereich der Wäscherei. Während ich auf ihn wartete, hatte ich einen Raumdufttester im Regal umgekippt, einen Teil des Inhalts hatte sich auf mein Jackett ergossen. Ich bin jetzt ein Raumspray auf zwei Beinen, das findet er witzig. Ich auch. Dann geht es auf zum Rundgang durch sein Haus. Heutiges Thema, platt und auf den Punkt: „Wie muss man Möbel und Accessoires arrangieren, damit sie gekauft werden?“

Es geht also um Warenpräsentation. Ein weites Feld, das Wissenschaftler wie Unternehmensberater ebenso beschäftigt wie die Einzelhändler selbst, die ihre Fläche für den Konsumenten täglich aufs Neue lebendig und ansprechend inszenieren müssen. „Kaufanreize schaffen“, so nennen es die Experten. „Sind die Waren ansprechend im Handel inszeniert, führt das zum einen häufiger zu spontanen Impulskäufen beim Konsumenten, gleichzeitig prägt das Bild der Warenpräsentation die Wahrnehmung des Kunden bezüglich der Marke selbst“, heißt es auf der Internetseite eines führenden Beratungsunternehmens.

Das mag alles stimmen, doch Michael Eck braucht solche Ratschläge nicht. Hat er noch nie gebraucht. Wer soll ihm erzählen, auf welchen Wegen er seine Kunden durch das 8.000 Quadratmeter-Labyrinth führt, wo ein Shop in Shop, ein Wandregal oder Display stehen soll? Das weiß er selbst am besten. Er vertraut, wie er sagt „seit jeher auf meinen Instinkt und mein Team.“

Das Hamburger Abendblatt traf Michael Eck, Inhaber der Wäscherei.
Das Hamburger Abendblatt traf Michael Eck, Inhaber der Wäscherei. © Die Wäscherei

Das Ergebnis zeigt sich beim anschließenden Rundgang durch sein Einrichtungsreich. Hier offenbart sich das Konzept der „kontrollierten Überwältigung“, mit dem sich die Wäscherei wohl von nahezu allen anderen Möbelhäusern abgrenzt. Fast jeder Winkel ist genutzt, zahllose Möbel, Kleinmöbel und Accessoires buhlen um die Aufmerksamkeit der Besucher.

Hier hat Michael Eck jedes Detail im Blick. Er wirkt ruhig und besonnen, doch wehe, es gerät ein Störfaktor in sein Sichtfeld – wie das Kissen, das irgendwie schief auf dem Sofa liegt. Dann geht er schnell hin und richtet es. So sieht es besser aus. Spätestens jetzt weiß ich: Nichts ist hier zufällig dort, wo es ist, nein: die Wäscherei ist ein Gesamtkunstwerk, dessen Inszenierung im Kopf dieses Mannes neben mir gespeichert ist.

Wie steigt man noch durch bei dieser überbordenden Menge an Möbel, Kleinmöbeln, Accessoires, die jeden Winkel des Hauses füllen, vor allem: wie bringt man sie in eine lebendige Ordnung, die nicht als Chaos wahrgenommen wird? In ein Raumerlebnis, das nicht ramschig wirkt, sondern aufgeräumt, bewusst und liebevoll inszeniert?

Eck erklärt sein Konzept so: „Die Besucher sollen immer wieder aufs Neue überrascht werden mit Produkten und Einrichtungsideen, die sie zuvor noch nie gesehen hatten.“ Dafür tut er und besucht regelmäßig alle wichtigen Einrichtungsmessen, auch Nischenausstellungen, die viele Kollegen nicht auf dem Zettel haben und gut sind für Überraschungen. „Die meisten Einkäufer haben ihre Liste mit den Stammlieferanten, die sie besuchen und schauen nicht links und rechts. Ich gehe am liebsten zu den Herstellern, die ich noch nicht kenne“, so Eck. Nur so könne er sein Sortiment ständig erneuern.

Für Kontinuität sorgt sein Stamm ausgewählter Lieferanten und Markenhersteller. Dazu zählt der britische Designer Timothy Oulton, für den die Wäscherei die Exklusivlizenz besitzt, sowie Rolf Benz, den er seit kurzem mit zwei Sofamodellen vertritt und nicht zuletzt seine eigene Wäscherei-Kollektion: Sofas, Betten und Tische in eigenem Design, in die seine ganze Expertise und Qualitätsbewusstsein fließen. „Hier haben wir die Kontrolle über jeden Schritt – vom Entwurf bis zur Fertigung. Das ist sehr beruhigend“, lacht Eck. Die Kunden überzeugt vor allem das hervorragende Preis-Leistungs-Verhältnis: Da die Marge für den Zwischenhandel entfällt, zahlen die Kunden nur wenig mehr als den Herstellungspreis.

Blätterkollektionen in Metallform - das Naturthema dominiert bei der Einrichtung weiterhin.
Blätterkollektionen in Metallform - das Naturthema dominiert bei der Einrichtung weiterhin. © Die Wäscherei

Über die grüne Eisentreppe geht es ins nächste Stockwerk. Wir gehen an einer Nische mit Metallschalen in Blätterform vorbei. Ein Bestseller. Die hatte er bei seinem letzten Einkaufstrip in China entdeckt – rein zufällig. „Die lagerten in einem Abstellraum zwischen viel Plunder, haben mich aber sofort angesprungen. Die sind handwerklich unheimlich gut gemacht und äußerst dekorativ“, so Eck. Er orderte dann gleich einen Container, weil er instinktiv wusste: das Produkt läuft.

Instinkt ist die eine, das Wissen um Megatrends die andere Seite seiner Produktstrategie. Natürlich beschäftigt er sich auch mit den theoretischen Aspekten seines Geschäfts. Hier orientiert Eck sich, wie alle anderen auch, an so genannten Megatrends – also allem, was die Menschen umtreibt oder was ihre geheimen Wünsche und Sehnsüchte sind. Da ist zum Beispiel der Drang zurück zur nach Natur, der sich bereits seit mehreren Jahren behauptet. Auch geht es um die Rückbesinnung auf die heimische Sphäre, die unter den Trendbegriffen „Cocooning“ oder dem skandinavischen „Hygge“ (Gemütlchkeit) durch die Einrichtungspresse geistert. Ebenso hartnäckig halten sich die Vorliebe für romantische, verspielte Wohnszenarien sowie der puristische, auf das Wesentliche reduzierte Eirichtungsstil. „Diese und viele andere Trends begegnen mir schon auf meinen Auslandsreisen, bevor sie bei uns überhaupt spruchreif werden. Ich versuche, sie möglichst früh bei uns einzuführen und damit als erster am Markt zu sein“, so Eck.

Eben dafür hat er die „Kojen“ erfunden. In diesen Separées inszenieren Eck und sein Team aus Handwerkern und Designerin regelmäßig neue Wohnideen und Einrichtungskonzepte. Wer davor steht, fühlt: hier schlägt der kreative Puls der Wäscherei. Die Naturszenerie der Koje „Urban Dschungel“ etwa dekoriert Holz- und Rattenmöbel sowie die chinesischen Palmenschalen aus Metall vor einer Tapete aus sattgrünen Urwaldpflanzen auf engstem Raum, ohne dass er überladen wirkt.

Koje-Barock.jpg
© Die Wäscherei

Die Koje nebenan präsentiert sich als fast kitschige, barock anmutende Symphonie. Im Zentrum steht ein ornamentverzierter, weiß lackierter Holztisch vor einem Wanddekor aus weißen und roten Blüten, die wirken wie ein überdimensionierter Brautstrauß.

Der Kontrast zur Naturszenerie könnte nicht gegensätzlicher sein. Doch dieses Wechselbad der Eindrücke und Emotionen ist Teil des Konzepts der „kontrollierten Überwältigung“: ein Overkill der Sinne auf engstem Raum, pures Entertainment, gezielte Inspiration. Abkühlung bringt die Koje im Stil der 70er Jahre. Hier wirkt vor allem die stoffähnliche Tapete als Stilvorgabe – ein grafisches Muster in den Grundfarben Rot, Blau und Gelb, kontrastiert zu Weiß.

„Wir lassen uns fast immer von den Tapeten inspirieren und suchen dann die dazu passenden Möbel und Accessoires aus unserem Sortiment“ so Eck. Als „Kulissenbauer“ und Tapezierer beschäftigt er einen Handwerkskünstler aus Polen, danach stattet die Deko-Abteilung die Koje mit stilechten Möbeln und Wandschmuck aus. „Wir machen in der Regel vorher eine Entwurfsskizze, damit wir ungefähr wissen, wie es nachher aussieht“, erklärt Eck.

Die Dach-Lounge des Wäscherei-Bistros lädt zum Entspannen ein - an Samstagen mit DJ.
Die Dach-Lounge des Wäscherei-Bistros lädt zum Entspannen ein - an Samstagen mit DJ. © Die Wäscherei

Am Ende geht es zurück ins Café. Eck schaut auf die Uhr. „Wo bleibt der DJ“ fragt er einen Mitarbeiter, der zufällig seinen Weg kreuzt. Um 12 Uhr beginnt dessen Dienst auf der Dachterrasse, die er, wie jeden Samstag um die gleiche Zeit, in eine Outdoor-Tagesdisco verwandelt. Die ersten Stammgäste warten nämlich schon auf den nächsten Kick. Die Show muss weitergehen. Denn zumindest in der Wäscherei soll das Leben für die Besucher sein, was es für die meisten schon lange nicht mehr ist: Eine Party.

Entdecken Sie hier weitere Wohntrends und folgen Sie der Wäscherei auf:

Facebook | Twitter | Instagram | Pinterest