Hamburg

Was das Studio Hamburg in London plant

| Lesedauer: 4 Minuten
Volker Behrens
Vivien Muller Rommel führt einen Ableger des Tonndorfer Studios Hamburg im Londoner Stadtteil Soho

Vivien Muller Rommel führt einen Ableger des Tonndorfer Studios Hamburg im Londoner Stadtteil Soho

Foto: Studio Hamburg

Vivien Muller-Rommel soll im Stadtteil Soho englischsprachige Film- und TV-Projekte mit internationalen Talenten produzieren.

Hamburg/London.  Es wirkt beinahe paradox. Großbritannien will raus aus der Europäischen Union, Premierministerin May hat einen harten Brexit angekündigt. Studio Hamburg geht dagegen hinein ins Vereinigte Königreich. Um im internationalen Filmgeschäft mitmischen zu können, möchte man dort englischsprachige TV- und Kinofilme produzieren. Seit dem vergangenen Sommer hat man daher an der Themse eine Dependance errichtet. Geschäftsführerin von Studio Hamburg UK ist Vivien Muller-Rommel.

Die norddeutsche Produzentin lebt seit Jahren auf der Insel und kennt sich im Filmgeschäft bestens aus. Nach einigen Gesprächen wurde man sich einig und gründete mit ihr als Chefin einen Ableger der Tonndorfer Traumfabrik in London. Die Firma hat ihren Sitz im Stadtteil Soho in der Denmark Street. „Hier haben die Rolling Stones ist erstes Album aufgenommen“, sagt Muller-Rommel nicht ohne Stolz. Sie schätzt es, von zahlreichen Filmfirmen mit vielen Kollegen umgeben zu sein.

Geplant ist ein Film über Madame Tussauds

„Wir haben seit der Firmengründung in die Entwicklung mehrerer Filme und auch in erste TV-Projekte investiert“, sagt sie. Auf ihrer Agenda stehen unter anderem ein Kinofilm über Madame Tussauds, geplant als internationale Koproduktion, und eine Doku-Soap für das Fernsehen über den schwulen Männerchor London Gay Men’s Chorus. Mit einem irischen Koproduzenten hat Muller-Rommel einen Vertrag über den Kinofilm „The Night I got shot by Santa“ abgeschlossen.

Muller-Rommel hat in Wales und in Spanien Film studiert und eigene Filme gedreht. Sie hat für die Weinstein Company, für mehrere Studios und das British Film Institute gearbeitet. „Ich würde gern zwei Kinofilme pro Jahr und TV-Movies machen“, kündigt sie an. „Dazu muss man die Industrie und die Kreativen vor Ort schon gut kennen.“

„Wertvolle Inhalte für den Kulturraum Europa“

Die Kontakte hat sie, aber wie wirkt sich der politische Hintergrund angesichts der laufenden britischen Brexit-Diskussion? „Das Vereinigte Königreich will nicht Europa verlassen, sondern die Europäische Union, das ist ein Unterschied. Vor allem die kreativen Industrien fühlen sich nach wie vor stark europäisch und wir werden weiterhin wertvolle Inhalte über und für unseren Kulturraum ‚Europa‘ produzieren. Die Studio-Hamburg-Produktion-Gruppe hat hier eine Firma ins Leben gerufen, um englischsprachige Film- und TV-Projekte mit internationalen Talenten vor und hinter der Kamera zu produzieren. Weder die Sprache noch die Talente werden mit dem Brexit verschwinden, und die Hauptprinzipien und Finanzierungen, wie zum Beispiel Koproduktionsverträge zwischen Großbritannien und anderen Ländern, sind unberührt davon.“

Geboren und aufgewachsen ist Muller-Rommel zunächst in Hausbruch. Später zog sie mit ihren Eltern nach Lüneburg. Sie muss ein bisschen kichern, als sie erzählt dass sie mit sechs Jahren dort den Original Heidelerchen beigetreten ist, einem in der Region ziemlich bekannten Chor. „Wir waren bis zu 80 Leute und hatten sehr viele Fernsehauftritte. Bei einem davon saß ich mit Heino in einer Kutsche.“

Ihr Traum: Ein „Tatort London“

Tatsächlich befeuerte genau das ihre Liebe zum Film: „Da liefen Leute mit Walkie-Talkies herum. Ich wollte auch mal so wichtig sein“, lacht sie. Ein bisschen ist ihr die Medienaffinität in die Wiege gelegt worden. „Meine Mutter hat den Bürgerfunk Radio Zusa mit aufgebaut. Dort arbeitet sie noch immer als Tontechnikerin und Moderatorin.“ Ihr Vater, der heute an der Leuphana-Universität in Lüneburg unterrichtet, nahm die Familie oft auf Reisen mit. Seine Tochter fühlt sich vielleicht auch deshalb im Melting Pot London sehr wohl. Und doch vermisst sie dort deutsches Brot und Wurstbuden. Als kleine Entschädigung hat sie ihren Geburtstag an der Themse beim Kult-Teutonen Herman ze German gefeiert.

Sonntags guckt sie „Tatort“. Und hat einen Traum: „Irgendwann einmal eine Folge zu produzieren. Einen ,Tatort: London‘ gab es noch nicht.“ Ob das für Studio Hamburg infrage käme, lässt Muller-Rommel offen.

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Hamburg