Hamburg. Der Bezirk Hamburg-Mitte lässt seiner Ankündigung nun Taten folgen: Erstmals wird vorsätzlich leer stehender Wohnraum dem Eigentümer entzogen und zwangsvermietet. Demnach saniert ein Treuhänder derzeit im Auftrag des Bezirksamts sechs langfristig unvermietete Wohnungen an der Ohlendorffstraße in Hamm. Noch in diesem Jahr sollen sie wieder bezogen und danach dem Eigentümer übergeben werden, sagt Sorina Weiland, Sprecherin des Bezirksamts. Die Sanierungskosten im mittleren fünfstelligen Bereich werden ihm in Rechnung gestellt.
Wie das Abendblatt im November berichtete, hatte der Bezirk im Kampf gegen den Wohnungsleerstand erstmals zum äußersten Mittel gegriffen: der Enteignung. Seit der Verschärfung des Hamburger Wohnraumschutzgesetzes im Jahr 2013 können damit langfristig ungenutzte Wohnungen über den Eigentümer hinweg durch einen vom Bezirksamt beauftragten Treuhänder saniert und zwangsvermietet werden. Als erster Bezirk macht Mitte bei sechs von acht Wohneinheiten an der Ohlendorffstraße 15 in Hamm nun davon Gebrauch. Nach der Androhung der Enteignung gab es zwar die Zusage des Eigentümers, seine Wohnungen wieder vermieten zu wollen. Allerdings blieb es bei diesem Lippenbekenntnis.
Der Vermieter ließ die Wohnungen seit 2012 leerstehen
Die Wohnungen in Hamm stehen seit 2012 leer. Trotz zuvor verhängter Zwangsgelder in Höhe von 18.000 Euro hatte sich der Vermieter geweigert, die Wohnungen wieder auf den Markt zu bringen. Deshalb sei die Schlüsselgewalt über die Wohneinheiten am 1. März einem Treuhänder übergeben worden.
Nach Feststellung des Sanierungsbedarfs werden aktuell Heizungen, Böden, Sanitärtrakte und Wände erneuert. Eine Wohnung könne aufgrund ihres Zustands sogar schon wieder vermietet werden, sagt Sorina Weiland. Einen genauen Plan will der Bezirk aber erst in dieser Woche abstimmen. Sind alle sechs Wohnungen saniert und bezogen, erhält sie der Eigentümer zurück.
Mieterverein begrüßte die erstmalige Umsetzung der Zwangsvermietung
Bislang war die Zwangsvermietung als Ultima Ratio des Wohnraumschutzgesetzes in keinem Hamburger Bezirk umgesetzt worden. Laut Gesetz muss eine Wohnung mindestens vier Monate ohne erkennbare Sanierungstätigkeit leer gestanden haben, um beim Amt gemeldet zu werden. Erst danach kann der Eigentümer mit Auflagen zum Einlenken bewegt werden.
Der Mieterverein zu Hamburg begrüßte das konsequente Vorgehen, auch wenn solche Fälle nicht einmal ein Prozent aller 700.000 Mietwohnungen der Stadt betreffe. In einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der Linken wird die absolute Zahl leer stehender Wohnungen mit 5000 angegeben.
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