Hamburg. Er selbst hat sich einmal als „Kulturinvestor“ bezeichnet, andere sahen in ihm eher einen gewieften Spekulanten, der mit historischer Bausubstanz handelt. Zweifellos aber war Klausmartin Kretschmer lange Zeit eine schillernde Figur im Hamburger Immobilienmarkt. Ihm gehörte vor wenigen Jahren noch neben anderen markanten Gebäuden die Rote Flora.
Dann geriet er aber in Zahlungsprobleme, wollte das linksautonome Zentrum für einen Millionenbetrag an die Stadt verkaufen, drohte mit möglichen Protesten der Autonomen und geriet schließlich in die Insolvenz: 2014 konnte Insolvenzverwalter Nils Weiland die Rote Flora für 820.000 Euro an die Lawaetz-Stiftung verkaufen. Es folgte der Verkauf des alten Zollamts in Rothenburgsort und der Riverkasematten.
Denkmalschützer in Sorge
Doch die damit erzielten Beträge reichten den zahlreichen Gläubigern offensichtlich nicht. Nun steht Kretschmers letzte größere Immobilie zum Verkauf, wie Insolvenzverwalter Weiland dem Abendblatt bestätigte.
Und das macht Denkmalschützern Sorge: Der in den 1920er-Jahren als Verwaltungssitz einer Binnenschiffsreederei gebaute und denkmalgeschützte Backsteinbau direkt an den Elbbrücken dürfte angesichts der wachsenden nahen HafenCity tatsächlich das Interesse von vielen Investoren wecken. Es gab bereits Gespräche mit mehreren potenziellen Käufern, sagt auch Weiland, der genaue Preisvorstellungen öffentlich nicht nennen will. Nur so viel: Das historische und „weitgehend“ leer stehende Kontorhaus – in dem zuletzt Kulturevents stattfanden – soll an den Meistbietenden gehen.
Neuer Eigentümer zahlt hohen Preis
Das aber genau könnte zum Problem werden, sagt Elinor Schües vom Denkmalrat Hamburg und zeigt folgendes Szenario auf: Ein neuer Eigentümer zahlt einen hohen Preis, argumentiert dann mit maroder Bausubstanz und drängt die Stadt zu Zugeständnissen wie eine Aufstockung oder gar einen Abriss.
Ein „überhöhter Kaufpreis könnte so böse Sachzwänge schaffen“, befürchtet sie. Ähnliche Befürchtungen äußert auch Kristina Sassenscheidt vom Denkmalverein in Hamburg: Das expressionistische Eckgebäude am Brandshofer Deich präge seit über 90 Jahren die südöstliche Einfahrt nach Hamburg. „Wenn es nun unter falschen Voraussetzungen verkauft wird, sind Konflikte zwischen Käufer und Denkmalschutz programmiert“, so Sassenscheidt.
Kulturbehörde ist zuversichtlicher
Zuversichtlicher zeigt sich indes die Kulturbehörde. „Grundsätzlich gilt der Denkmalschutz“, sagt Behördensprecher Enno Isermann. Der Erhalt des Ensembles Brandshofer Deich sei zudem aus „historischen und künstlerischen Gründen sowie zur Bewahrung charakteristischer Eigenheiten des Stadtbildes“ im öffentlichen Interesse. Tatsächlich ist die Sorge des Denkmalschutzes um das Gebäude auch schon recht alt, wie die Antwort auf eine Senatsanfrage der CDU aus dem Jahr 2013 zeigt.
Seinerzeit sei dem Denkmalschutzamt der desolate Zustand des Gebäudes bereits bekannt gewesen, hieß es da. Das alte Kontorhaus der Dampfschifffahrtsgesellschaft drohe innen wie außen zu verfallen, hatten zuvor die Christdemokraten kritisiert, den Erhalt gefordert und weitere rechtliche Schritte dazu angemahnt. Dazu ist es dann allerdings nie gekommen.
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