Neustadt

Ein neuer Reverend für St. Thomas Becket

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Friederike Ulrich

Der Inder Leslie Nathaniel, Pfarrer der Englischen Kirche am Zeughausmarkt, will sie präsenter machen

Neustadt.  Ohne die Worte „Englische Kirche“ über dem Portal wäre der turmlose Bau mit den ionischen Säulen nicht ohne Weiteres als Gotteshaus zu erkennen. Anders im Inneren. Man wird empfangen von vollen Orgelklängen und dem strahlenden Licht zahlreicher Leuchter. Der von Säulen getragene Kirchenraum ist ganz in Weiß gehalten, mit dezentem goldenem Dekor. Rechts und links Emporen, über dem Altar eine Reproduktion der Sixtinischen Madonna. St. Thomas Becket ist die Heimat einer der aktivsten und internationalsten Gemeinden Hamburgs. Unter den Gottesdienstbesuchern sind Gläubige aus bis zu 18 Ländern. Vor allem aber können hier auch die rund 4000 in Hamburg lebenden Briten ein „home away from home“ finden, ein Heim fern der Heimat.

Das Orgelspiel bricht ab, Holzstufen knarren, und Leslie Nathaniel betritt den Raum. Der gebürtige Inder hat vor vier Monaten die lange vakante Stelle als Pfarrer in St. Thomas Becket angetreten. Dass er ebenso perfekt Deutsch spricht wie Orgel spielt, liegt an seiner Frau Julie. Er hatte die Tochter deutscher Missionare in Delhi bei der Kindernothilfe kennengelernt. Sie hatte dort eine leitende Funktion. Er, der als 21-Jähriger am St. Joseph’s College in Bangalore einen Abschluss in Betriebswirtschaftslehre gemacht hatte und erst später eine theologische Ausbildung machte, jobbte anfangs in der Projektentwicklung. „Ich wollte ihre Wurzeln besser kennenlernen und habe daher in Delhi Germanistik studiert“, so der Reverend. Ein paar Jahre später ergab es sich, dass er ein Stipendium für ein Orgel-Kurzstudium im württembergischen Esslingen bekam.

Heute sei das Orgelspiel für ihn Meditation, sagt der 62-Jährige. Damit verschafft er sich einen Raum zwischen seinen zahlreichen Tätigkeiten. So kümmert er sich als Gemeindepfarrer von St. Thomas Becket um Gottesdienste, Konfirmandenunterricht, Taufen, Seelsorge, Gesprächsrunden, schreibt den Gemeinde-Newsletter, engagiert sich in christlichen Netzwerken und besucht Vorträge und Diskussionsrunden.

Doch er hat auch internationale Ämter: in den Vorständen der Konferenz Europäischer Kirchen und des Zentralausschusses des Weltkirchenrats, und als Verbindungsperson des Erzbischofs von Canterbury zum Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel. „Was ich in der weltweiten ökumenischen Arbeit erfahre, gebe ich an meine Gemeinde und an die christlichen Foren in Hamburg weiter“, sagt der Pfarrer. Ein Riesenthema sei dabei der Brexit. „Wir Kirchen haben jetzt die Aufgabe, eine Art Brücke für die Nationen und Menschen in Europa zu sein.“

In der 1838 erbauten Kirche St. Thomas Becket, der ältesten anglikanischen Kirche auf dem europäischen Kontinent, sollen nicht nur Briten und Anglikaner ein Stück Heimat finden. „Wir stehen auch allen Menschen offen, die einfach die englische Sprache mögen“, sagt Nathaniel. Eine typische Veranstaltung der anglikanischen Kirche ist der Evensong mit Musik, Gesang und Gebeten. Er wird in St. Thomas Becket einmal pro Monat an einem Freitag veranstaltet.

Infos unter www.anglican-church-hamburg.de

( fru )

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