Hamburger Tierarzt

Wenn die Mieze mal zum Doktor muss

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Genevieve Wood
Tierarzt Michael Garner untersucht den norwegischen Waldkater Ibbo

Tierarzt Michael Garner untersucht den norwegischen Waldkater Ibbo

Foto: Marcelo Hernandez

Cats Only ist Hamburgs einzige auf Katzen spezialisierte Tierarztpraxis. Die Nachfrage ist groß, denn Katzen liegen im Trend.

Hamburg.  Der Wartebereich erinnert an eine Hotellobby. Vorn die Rezeption, rechts und links neben dem Eingang Loungemöbel, ein Sofa mit Kissen, und im Kamin lodert ein künstliches Feuer. Gemütlich. Doch wer dort sitzt, hat meist ein Problem. Zumindest ein Problem mit seinem Tier. Denn dieser Wartebereich gehört zu keinem Hotel, sondern zu einer Tierarztpraxis. Daher auch der Kratzbaum zwischen Sessel und Sofa. Cats Only ist Hamburgs erste und einzige Praxis nur für Katzen.

Tonks hat sich auf der Anmeldung breit gemacht. Dass zwei Patienten in ihren Trageboxen laut miauen und fast wie Babys weinen, stört die Katze nicht. Sie ist völlig desinteressiert. Klagegeheul aus Plastiktransportboxen hört sie fast jeden Tag. Langweilig. Tonks ist hier zu Hause, lebt in der Praxis genau wie ihre Artgenossin Paula, die in ihrem Körbchen ein Schläfchen hält – die fremden Katzen und ihre Halter scheinen den beiden egal zu sein. Tonks und Paula können sich entspannen. Denn eins ist sicher: Hunde kommen nicht rein.

Katzen sind unbeliebt, weil sie nicht kooperieren

Tierarzt Michael Garner macht den Job, den keiner machen will. Jedenfalls war das in den Tierkliniken so, in denen der 45-Jährige früher gearbeitet hat. Katzen sind meist unbeliebt unter Veterinären, weil sie kratzen, beißen und häufig nicht kooperieren. Schwierige Patienten eben. „Kein Kollege hatte richtig Lust, eine Katze zu behandeln“, sagt Garner. Die Veterinäre hätten sogar ausgelost, wer dran sei. „Katzen werden meist stiefmütterlich behandelt, auch im Studium. Da stehen Hunde im Fokus. Ich habe die Katzen von meinen Kollegen meist übernommen“, sagt Garner.

Vermutlich hat der gebürtige Amerikaner einfach ein Händchen für die Miniraubkatzen. Ibbo und Ibor, die norwegischen Waldkatzen, die heute geimpft werden und eben im Warte­bereich in ihren Boxen noch laut gejammert haben, werden auf dem Behandlungstisch unter den Händen von Tierarzt Garner ganz ruhig. Sie lassen sich ihre Ohren untersuchen, ihr Herz abhören, und mit dem Wiegen haben sie auch kein Problem. Aber es ist vielleicht nicht die ruhige Art des Tierarztes allein, sondern das Gesamtpaket. Garner hat den Katzen einen Wohl- fühl­ort geschaffen, als er vor knapp sechs Jahren seine Praxis am Eppendorfer Weg in Eimsbüttel eröffnet hat.

Was Miezen mögen? Es muss ruhig sein, Katzen können sehr schreckhaft sein. Das Licht in der Praxis ist sanft, der Behandlungstisch ist ein hoher Holztisch, der auch in einer Wohn­küche stehen könnte. Holz ist wichtig, denn reflektierende Stahlflächen wie sonst in Tierarztpraxen üblich, mögen die Tiere gar nicht, und vom hohen Bistrotisch aus können sie von oben herabblicken – nach Katzenart eben. Die Räume sind geruchsneutral, weil keine anderen Tiere Zutritt haben.

Rassekatzen sind besonders angesagt

„Katzen werden häufig wie kleine Hunde behandelt. Dabei sind sie ganz anders“, sagt Garner. Die Idee, Katzen als Haustiere zu halten, sei geschichtlich gesehen relativ neu, sie in der Großstadt in Wohnungen zu halten ebenso. Und es werden immer mehr Menschen, die sich eine oder mehrere Katzen zulegen. „Es ist ein großer Trend“, so Garner. Angesagt sind Rassekatzen wie Norwegische Waldkatzen und Perser schon länger, neu auf der Beliebtheitsskala sind Bengalen und Britisch Kurzhaar. Das Konzept, sich auf Katzen zu spezialisieren, sei in den USA nicht neu, in Deutschland schon.

Natürlich sind nicht alle Patienten so sanft wie Ibbo und Ibor an diesem Vormittag. Dr. Garner musste sich schon einmal sechs Wochen lang von einem Biss erholen. Und auch wenn die Behandlungsräume so gestaltet sind, dass die Katzen sich nicht verstecken können, hat es eine schon geschafft, sich in den Lamellenvorhängen festzukrallen.

Manche Katzen bleiben gleich mehrere Tage. Dann, wenn ihre Halter sie ins Hotel einchecken. Denn Michael Garner betreibt auch eine Katzenpension mit „Cat Condos“. Das sind Katzenwohnungen, die in fünf Etagen aufgeteilt sind, sodass Futter-, Schlaf- und Toilettenbereich getrennt sind. Pensionsgast Spotty allerdings miaut. Vielleicht will er nach Hause. Dort ist es doch am schönsten.

www.catsonly-hamburg.de

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