Hamburger Firma

Die Kofferträger der Kreuzfahrtbranche

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Martin Kopp
Tefra-Chef
Carsten Leder im Reisegepäck-Lager
nahe dem Hamburger Flughafen

Tefra-Chef Carsten Leder im Reisegepäck-Lager nahe dem Hamburger Flughafen

Foto: Marcelo Hernandez / HA

Logistikunternehmen Tefra ist Marktführer beim Transport des Passagiergepäcks von der Haustür bis in die Kabine.

Hamburg.  Die Kreuzfahrtbranche wächst Jahr für Jahr. 2015 gingen 1,81 Millionen Deutsche an Bord eines Kreuzfahrtschiffs, um dort einige Urlaubstage zu verbringen. Das waren 2,3 Prozent Passagiere mehr als ein Jahr zuvor. Die Nachfrage nach Kreuzfahrten überstieg sogar deutlich die angebotenen Schiffskapazitäten. Für dieses Jahr werden annähernd, womöglich sogar mehr als zwei Millionen Kreuzfahrtpassagiere aus Deutschland erwartet.

Das beschert den Reedereien einträgliche Geschäfte – und lässt neue Firmen entstehen, deren Dienstleistungen auf die Bedürfnisse von Schiffsurlaubern zugeschnitten sind. Das vor sechs Jahren gegründete Hamburger Logistikunternehmen Tefra etwa – die Abkürzung steht für Terminfracht – hat sich auf den Transport von Koffern spezialisiert. Kreuzfahrtgäste, die ihr Gepäck nicht selbst an Bord schleppen wollen, können es sich von der Firma von der eigenen Haustür direkt bis in die Kabine bringen lassen. Mit mehr als 50.000 beförderten Gepäckstücken im Jahr ist die Tefra Travel Logistics GmbH inzwischen Marktführer in diesem Segment.

„Das Geheimnis unseres Erfolges ist wohl, dass Tefra in zwei Welten zu Hause ist: Wir sind kein reines Logistikunternehmen wie etwa Hermes. Wir sind aber auch kein reines Tourismusunternehmen, sondern wir verstehen von beidem etwas“, sagt Carsten Leder, Geschäftsführer des Unternehmens mit Sitz in der Nähe des Hamburger Flughafens

Tefra hat zudem eine Sonderstellung, weil das Unternehmen als einziger Gepäckservice-Anbieter eine vertragliche Bindung mit Reedereien hat. Sie bieten ihren Kunden zusätzlich zur Buchung der Schiffsreise auch gleich den Gepäckservice bei An- und Abreise an. Tefra gewinnt so Kunden und kann wegen der engen Zusammenarbeit mit den Schiffsbetreibern zudem sicherstellen, dass das Gepäck auf den Schiffen bis in die richtigen Kabine gelangt.

Zudem, sagt Leder, habe Tefra sehr gute Kontakte zu Hafenagenten weltweit, die sicherstellen, dass die Koffer die Zollformalitäten überstehen und ihren Weg zur richtigen Pier finden – auch ohne dass der Passagier danebensteht. Am Kreuzfahrtterminal in Bremerhaven etwa ist eine vorzeitige Anlieferung unbegleiteter Gepäckstücke für Kreuzfahrtgäste ausschließlich über Tefra möglich. Der Koffertransport von der eigenen Haustür bis zum Hotel am Urlaubsort oder bis zur Gepäckaufgabe am Flughafen gehört ebenfalls zum Angebot. Zudem, sagt Leder, profitiere die Firma vom zweiten Standbein als Luftfrachtspediteur. Tefra organisiert auch die Belieferung vieler Kreuzfahrtschiffe mit Waren, die schnell an Bord ankommen müssen, etwa Zeitungen, verderbliche Lebensmittel oder Post.

Gerade einmal zehn Mitarbeiter beschäftigt die Firma. Hinzu kommt ein Callcenter in ähnlich starker Besetzung, das die telefonischen Kundenbestellungen aufnimmt. Damit das Unternehmen trotz der geringen Personalstärke weltweit agieren kann, arbeitet es mit einem dichten Netz von Kurierunternehmen zusammen, die das Gepäck einsammeln und zu den Häfen bringen. Und das funktioniert so: Wer sein Gepäck zum Kreuzfahrtschiff transportiert haben möchte, gibt den Auftrag vier bis fünf Tage vorher. Zwei Arbeitstage vor der Abreise werden die Koffer am Wohnort abgeholt. Für jedes Gepäckstück zahlt der Kunde 44,90 Euro. Egal in welchen deutschen Hochseehafen es geht.

Etwas billiger ist der Transport zu Flussschiffhäfen wie Passau: Dann kostet das Gepäckstück 42,90 Euro. Teurer sind Gepäckversendungen in die von Tefra bedienten Kreuzfahrthäfen im europäischen Ausland, etwa am Mittelmeer (69,90 Euro) und per Flugzeug. Startet das Schiff auf den Balearen, nimmt Tefra für den Gepäckservice 99 Euro. Beginnt die Kreuzfahrt auf den Kanaren, schlägt der Koffertransport mit 149 Euro zu Buche.

Früher hat Tefra die Zahlungsabwicklung den Reedereien überlassen, sie zogen den Preis des Koffertransports mit dem Reisepreis ein. Weil das Unternehmen durch die Pleite von Reedereien wie Deilmann hohe Einnahmeverluste hinnehmen musste, kümmert es sich um die Abrechnung nun selbst.

Wenn nötig, fliegt der Kurier mit dem Gepäck hinterher

„Bisher hat noch jeder Koffer sein Ziel erreicht“, sagt Tefra-Chef Leder stolz. Allerdings gebe es manchmal Hindernisse. Wie bei dem Koffertransporter, der im Schneesturm vor dem Münchner Flughafen auf der Autobahn im Stau steckte. Der Flieger startete ohne das Gepäck nach Barbados. „Also musste einer unserer Mitarbeiter mit sechs Koffern hinterherfliegen. Im nächsten Karibikhafen Cartagena konnte der Kurier die Koffer übergeben“, so Leder.

Im Tefra-Lager nahe dem Flughafen stehen auch Rollatoren und Rollstühle von Kreuzfahrtgästen mit Einschränkungen. Auf einem der Aufkleber steht: „Queen Mary II, New York“. „Durch die Digitalisierung wird die Zettelwirtschaft in der Logistik noch verschwinden“, sagt Leder. Die moderne Informationstechnologie werde in der Branche vieles verändern. „Im vergangenen Jahr bekamen wir 1800 Gepäcktransportaufträge online. In diesem Jahr sind es schon mehr als 7000.“

Leder investiert in diesem Jahr 100.000 Euro in die Digitalisierung. „Es geht darum, den Informationsfluss an die Kunden weiter zu automatisieren“, sagt er. „Es wäre doch schön, wenn die Passagiere kurz vor dem Reisestart eine E-Mail oder SMS mit dem Inhalt bekämen, dass ihre Koffer bereits an Bord auf sie warten.“

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