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Hamburgs Datenschützer kämpft gegen Facebook und WhatsApp

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Jens Meyer-Wellmann
Keine Angst vor den
Digitalriesen: Hamburgs
Datenschutzbeauftragter
Johannes
Caspar

Keine Angst vor den Digitalriesen: Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar

Foto: Bertold Fabricius / HA

Johannes Caspar geht seit Jahren gegen Sammelwut der Netz-Giganten vor. Fall zeigt, wie gläsern der moderne Mensch längst dasteht.

Hamburg.  Nein, in dieser Sache gibt es für Johannes Caspar nun wirklich „keine Kompromisse mehr“. Dass Facebook sich mal nebenbei alle Daten von 35 Millionen deutschen WhatsApp-Nutzern einverleiben will, das geht Hamburgs oberstem Datenschützer zu weit – auch wenn der 54-Jährige nicht zu emotionalen Ausbrüchen neigt. Deswegen hat er Facebook am Dienstag per nüchterner „Verwaltungsanordnung“ untersagt, Telefonnummern, zugehörige Namen und Notizen des Kurznachrichtendienstes WhatsApp an Facebook zu übertragen. Auch wenn Facebook WhatsApp vor zwei Jahren gekauft habe, sei die Datenübertragung ohne Zustimmung der WhatsApp-Nutzer rechtswidrig. Und die gebe es nicht. Zudem habe Facebook vor zwei Jahren versprochen, die Daten nicht zu übertragen, wolle dies aber nun gegen diese Zusage durch veränderte Nutzungsbedingungen erzwingen.

Es geht um Hunderte Millionen Datensätze

Der in Salzgitter geborene Jurist Caspar ist es seit Jahren gewöhnt, sich ebenso nüchtern wie hartnäckig mit den Digitalriesen dieser Welt anzulegen. Auch wenn er sich das nicht ausgesucht hat. Weil Google und Facebook ihre Deutschlandsitze in Hamburg haben, ist er eben zuständig für die beiden Firmen, die als größte Datenkraken der Welt gelten. Er hat sich mit Google über deren Dienst StreetView gestritten – und einen Kompromiss gefunden. Er hat von Facebook Einschränkungen bei der umstrittenen Gesichtserkennung verlangt und zuletzt gegen den Klarnamenzwang geklagt – erfolglos. Nun legt er sich trotzdem erneut mit Facebook an.

Der Fall zeigt, wie gläsern der moderne Mensch vor den Digitalriesen der Welt längst dasteht. Wenn Facebook jetzt wie geplant alle Adressbücher der WhatsApp-Kunden abgreift, dann handelt es sich allein in Deutschland um Hunderte Millionen Datensätze, zumeist Telefonnummern, aber auch die dazu gespeicherten Angaben.

„Auch wenn Facebook so tut, die Datenübertragung ist keinesfalls freiwillig“, sagte Caspar dem Abendblatt. Wer ablehne, könne den Dienst Whats­App nicht mehr nutzen. Ein Option, die für nur Wenige infrage kommt, zumal heute die Kommunikation im Job, in der Familie, im Fußballverein und in ganzen Schulklassen oft nur noch über WhatsApp läuft.

Unterstützung von der CDU

„Der Abgleich der Daten zwischen WhatsApp und Facebook hat viele Anwenderinnen und Anwender kalt erwischt und sehr viel Unbehagen hervorgerufen, denn es greift unmittelbar die eigene Datensouveränität an“, konstatiert auch SPD-Wirtschaftspolitiker und Digitalexperte Hansjörg Schmidt. „Für viele Menschen ist WhatsApp nämlich das Hauptkommunikationsmittel. Ein Verzicht wäre wie das Telefon in die Alster zu werfen, man würde sich selbst isolieren.“ Der Schritt von Johannes Caspar sei daher nachvollziehbar. „Facebook hat das Versprechen gebrochen, die Daten nicht zu übertragen und nun muss das rechtlich geklärt werden“, so Schmidt. „Es ist schade, dass Facebook diesen Weg gewählt hat.“

Auch CDU-Justizpolitiker Richard Seelmaecker begrüßte am Dienstag das Vorgehen des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten. „Die WhatsApp-Daten gehören den Nutzern, nicht den Unternehmen“, sagte Seelmaecker. „Mit den Daten darf kein Missbrauch getrieben werden, auch nicht durch ausländische Großunternehmen. Die rechtswidrig verarbeiteten Daten sind für Facebook goldwert, andernfalls hätte Facebook nicht 14 Milliarden Euro für den Kauf gezahlt. WhatsApp ist gleichsam zum faktischen Monopolisten und digitalen Grundversorger in Deutschland geworden.“ Wenn Facebook jetzt Geld mit dem Dienst verdienen wolle, sei das zwar nachvollziehbar. „Dann aber muss den Nutzern die Möglichkeit gegeben werden, den Dienst gegen Entgelt und dafür ohne Datenweitergabe an Dritte weiter zu nutzen“, so der CDU-Politiker.

Zuletzt hatte sich auch der Deutsche Juristentag unter dem Titel „Die Kosten des Kostenlosen“ mit dem Thema befasst. Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) hatten ebenfalls angeregt, den Nutzern die Möglichkeit zu geben, eine Speicherung und Weitergabe ihrer Daten zu untersagen – und stattdessen für die Benutzung zu zahlen.

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