Kiel. Eine ehemalige SS-Funkerin soll in Auschwitz bei der Ermordung von Hunderttausenden Juden geholfen haben. Doch die 92-Jährige wird sich voraussichtlich nicht mehr rechtfertigen müssen. Sie sei auf Dauer zu gebrechlich, sagt ein Gutachten.

Eine 92-jährige ehemalige SS-Helferin, der Beihilfe zur Ermordung von mehr als 260 000 Juden im KZ Auschwitz vorgeworfen wird, muss sich voraussichtlich nicht mehr vor Gericht verantworten. Nach einem ergänzenden Gutachten bleibe die Angeklagte auf Dauer verhandlungsunfähig, teilte das Kieler Landgericht mit. Eine wesentliche Besserung sei demnach auch künftig nicht zu erwarten. Nach Angaben der Gerichtssprecherin haben alle Verfahrensbeteiligten nun binnen drei Wochen die Möglichkeit, zum ergänzenden Gutachten Stellung zu nehmen.

Die Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig lehnte am Dienstag eine Äußerung dazu ab. Ein Sprecher erklärte lediglich, der Vorgang werde geprüft. Auch zur Frage, ob gegebenenfalls ein weiteres Gutachten beantragt werden würde, wollte der Sprecher keine Stellung nehmen. Der Generalstaatsanwalt geht von einem hinreichenden Tatverdacht gegen die Angeklagte aus.

Die 92-Jährige ist angeklagt, von Ende April bis Anfang Juli 1944 als Funkerin der Kommandantur im Vernichtungslager Auschwitz bei der systematischen Ermordung verschleppter Juden geholfen zu haben. Sie soll Kontakt mit dem Hauptquartier gehalten, Nachrichten entgegengenommen und Tagesberichte nach Berlin gesendet haben. Da sie zur Tatzeit Heranwachsende war, ist die Jugendkammer zuständig.