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Trotz Umweltrichtlinie: Keine Öko-Gassibeutel in Hamburg

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Hanna-Lotte Mikuteit
Entwickler Arne Krämer mit einem der abbaubaren Hundekotbeutel in der neuen Farbe Rot. In der anderen Hand hat er die Reste eines seiner abbaubaren Beutel

Entwickler Arne Krämer mit einem der abbaubaren Hundekotbeutel in der neuen Farbe Rot. In der anderen Hand hat er die Reste eines seiner abbaubaren Beutel

Foto: Arne Krämer / HA

Hamburger hat biologisch abbaubare Beutel für Hundekot entwickelt. Zahlreiche Städte setzen sie inzwischen ein. Aber Hamburg nicht.

Hamburg.  Die Zahl ist imposant: 28 Millionen Gassibeutel hat die Stadt Hamburg im vergangenen Jahr an Hamburger Hundebesitzer verteilt. Und das ganz umsonst. Eigentlich eine gute Sache. Aber es könnte noch besser sein, sagt Arne Krämer. Er kritisiert, dass viele der schwarzen Plastiksäckchen voller Hundekot in Parks, Wäldern, an Elbe und Alster zurückgelassen werden. „Das ist eine Belastung für die Natur.“

Der 29-Jährige Eilbeker engagiert sich seit langem gegen die nicht vergänglichen Hinterlassenschaften und hat deshalb biologisch abbaubare Hundekotbeutel entwickelt, um die negativen Auswirkungen für die Umwelt zu reduzieren. „Das Interesse ist groß“, sagt Krämer, der gerade sein Master-Studium im HAW-Studiengang International Business und Marketing abgeschlossen hat. Deutschlandweit seien seine Beutel inzwischen in 30 Städten und Kommunen im Einsatz, unter anderem in Wedel und in Geesthacht. Auch größere Städte wie Wilhelmshaven oder Bad Salzufeln sind interessiert.

Auschreibung nur für Plastikbeutel

Umso mehr hoffte der Entwickler, inzwischen Sales Manager bei einem Unternehmen für Bio-Kunststoffe, dass auch in seiner Wahlheimat Umweltaspekte eine Rolle spielen, als die Stadtreinigung Anfang des Jahres eine Ausschreibung für die Lieferung von Hundekot-Beuteln veröffentlichte - mit Verlängerungsoption. Immerhin geht es um eine Stückzahl von mehr als 50 Millionen Plastiktüten. Ausschreibungskriterien waren zu 60 Prozent der Preis, zu 30 Prozent der früheste Liefertermin und zu 10 Prozent Umweltkriterien.

Zugelassen zu der Ausschreibung waren ausschließlich Angebote für Hundekotbeutel aus Plastik (PE). „Biologisch abbaubare Hundekotbeutel auf Basis nachwachsender Rohstoffe durften nicht angeboten werden, ebenso wie – besser sichtbare – rote Beutel“, sagt Krämer. „Das steht im Kontrast zum Eigenanspruch der Stadt Hamburg, die gerade erst einen Leitfaden zur umweltfreundlichen Beschaffung veröffentlicht hat.“ Darin seien explizit Punkte wie die Betrachtung der Lebenszykluskosten anstelle der Anschaffungskosten genannt, Kosten für die Allgemeinheit oder auch Klimaverträglichkeit, Rohstoffherkunft und die Förderung innovativer Technologien zum Umweltschutz. „Ich frage mich, warum das bei Hundekotbeuteln nicht berücksichtigt wurde“, so der Bio-Plastik-Experte.

Viele volle Gassibeutel an Hamburger Gewässern

Denn auch in Hamburg sind die liegen gelassenen Beutel durchaus ein Problem. Auf einer interaktiven Weltkarte gibt es inzwischen mehr als 6500 Einträge, in denen Spaziergänger und Radler, aber auch viele Hundehalter, Fotos von vollen Gassi-Beuteln in der Natur hochgeladen haben. „Die Karte zeigt deutlich, dass in Hamburg die Problemzonen vor allem entlang von Gewässern liegen“, so Krämer.

Bei der Stadtreinigung sind die Bio-Tüten trotzdem kein Thema. „Bei der Stückzahl spielt der Preis eine Rolle“, sagt Sprecher André Möller. Im vergangenen Jahr habe die Stadt 140.000 Euro für etwa 28 Millionen Beutel investiert. Das entspricht einem Preis von 0,5 Cent pro Plastikbeutel. Die abbaubaren Plastiksäckchen schlagen dagegen mit einem Preis ab 1,6 Cent zu Buche – also etwa dreimal so viel.

Plastikbeutel sind deutlich billiger

Man könne weder dem Steuerzahler noch dem Rechnungshof erklären, wenn die Anschaffungssumme sich deutlich erhöhe, sagt Möller. „Das Ziel ist ja, dass die Hundebesitzer die Beutel in die 9000 öffentlichen Papierkörbe und Mülleimer werfen.“ Seine Befürchtung: „Wenn da Öko draufsteht, würden einige das als Entschuldigung nutzen und die Beutel einfach liegen lassen.“ Auf der Vorschlag von Krämer, seine interaktive Karte bei der Aktion „Hamburg räumt auf“ zu integrieren, blieb ohne Resonanz.

Der Öko-Beutel-Entwickler kann das nicht nachvollziehen. „Die Argumentation greift zu kurz“, sagt er. „Das hat sich im Praxiseinsatz in anderen Städten nicht gezeigt. Sogar wenn mehr Beutel in die Umwelt gelangen sollten, wären sie nach einer gewissen Zeit abgebaut. Plastikbeutel hingegen sammeln sich Jahr für Jahr an.“

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