Hamburg. Konzerte, Vorträge oder auch Ausstellungen – das steht meist auf dem Programm bei der Freien Akademie der Künste. In den vergangenen Tagen glich das Gebäude am Hauptbahnhof aber tatsächlich einer Akademie, wie man sie sich landläufig vorstellt. Rund 60 Architekten, Stadt- und Landschaftsplaner trafen sich dort auf Einladung der Hamburgischen Architektenkammer zu einem Workshop zum Thema Wohnungsbau und Flüchtlingsunterbringung. Wie schon zu Beginn der Pläne für die HafenCity oder zum Sprung über die Elbe wolle man Ideen für diese große Herausforderung der Stadt liefern, sagt Kammerpräsidentin Karin Loosen. „Wir Architekten haben hier auch eine soziale Aufgabe zu erfüllen.“
Und in drei Arbeitsgruppen machten sich die Planer an diese Aufgabe: Man diskutierte, hörte Vorträge von Fachleuten – und, natürlich, zeichnete mit dicken Filzstiften Skizzen. Zum Beispiel von der gesamten Stadt und Arealen, wo Hamburg idealerweise neue Wohnquartiere bauen könnte. Auf dem Messegelände etwa oder auch auf dem Kleinen Grasbrook im Hafen.
Ganz speziell nahmen sich dabei die Planer dieses Areal vor, wo eigentlich Hamburg die Olympischen Spiele ausrichten wollte. Eine schrittweise Entwicklung stellen sie sich dort nun vor. Zunächst könnten Flüchtlinge in bestehenden Hafengebäuden wohnen, dann könnten einzelne Grundstücke aufgeschüttet werden, um dort sturmflutsicher bauen zu können. Kleinteilig, gleich, aber nicht zu gleich – so sollte dort gebaut werden, sagt Architektin Loosen. Man müsse wegkommen von den alten Forderungen des Baurechts, sagt sie. Wohnen und Gewerbe dürfe nicht mehr getrennt sein, um Zuwanderern auch die Möglichkeit der Arbeit zu bieten. Im Prinzip, so schlagen die Planer vor, müssten alle Erdgeschoss-Zonen für Werkstätten oder Läden Platz lassen. Die Skizzen dazu zeigen viele kleine Häuser auf dem Grasbrook, nicht mehr die großen Blöcke der HafenCity, man fühlt sich beim Anblick an den Grundriss einer mittelalterlichen Stadt erinnert. „Die Zuwanderung von Flüchtlingen bietet große Chancen“, sagt Lossen. Weg von der Sackgasse, in die man als Planer durch immer neue Vorschriften gedrängt werde.
Stadtplaner aus der Gruppe nahmen aber auch die aktuelle Planung der Stadt für die sogenannten Expressbauten zur Flüchtlingsunterbringung unter die Lupe. 5600 Wohnungen sollen verteilt über die Stadt in diesem Jahr gebaut werden, oft auf Arealen, wo das bisher nicht möglich war, wie beispielsweise in Gewerbegebieten oder auf der grünen Wiese.
Manche dieser Standorte wie Am Rehagen und Glashütter Landstraße in der Hummelsbüttler Feldmark lägen aber wie „Ufos“ zu weit ab von der Stadt, kritisieren die Planer. Auch den Standort Mittlerer Landweg sehen sie kritisch, dort könne tatsächlich eine Art Getto entstehen. Anders wär es aber, wenn man hier neue, gemischte Siedlungsgebiete in größerem Stil entwickelt. Die Flüchtlingsunterbringung sei dann nur ein Teil eines neuen Quartiers. Geeignet als Standort für die Flüchtlingsunterbringung sei indes die Osterfeldstraße in Eppendorf. Fazit der Planer: Entscheidend ist nicht die Größe einer Unterbringung, sondern ihre Einbindung in die Stadt.
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Hamburg