Hamburg. Abgase, die nur aus Wasserdampf bestehen – wie sauber könnte unsere Luft sein, wenn Autos und Busse nicht mit Benzin oder Diesel führen, sondern mit Wasserstoff. Dass die Realität anders aussieht, liegt vor allem daran, dass die Speicherung der Substanz als Brennstoff noch so aufwendig und teuer ist, dass der Einsatz im großen Stil nicht lohnt: Während Benzin ohne Weiteres in Tanks lagert, lässt sich das Gas nur unter einem Druck von 250 bis 750 bar in schweren Tankflaschen speichern – oder verflüssigt bei minus 253 Grad Celsius.
Wasserstoffspeicher wird einem Schwamm ähneln
Erheblich einfacher zu betanken sein soll ein neuartiger Wasserstoffspeicher, den Wissenschaftler von Hamburger Universitäten und einer außeruniversitären Forschungseinrichtung mit Industriepartnern entwickeln wollen. Dessen Inneres ähnelt einem Schwamm. In diesem Gebilde, das zum Teil aus Metallen besteht, sollen unzählige Poren enthalten sein, die nur wenige millionstel Millimeter groß sind und als Schlupflöcher für den Wasserstoff dienen – ihn durch die Einwirkung von Wärme aber auch kontrolliert wieder freigeben. Für ihre Arbeiten in dem Projekt namens „HyScore“ erhalten die Wissenschaftler zwei Millionen Euro Fördergeld vom Bundesforschungsministerium.
Der neuartige Speicher für Autos soll sich nicht nur einfacher betanken lassen; er soll auch leichter und zudem kompakter sein als herkömmliche Drucktanks, damit er im Auto wenig Platz einnimmt. „Unser Ziel ist, möglichst viel Wasserstoff in einem kleinen Volumen unterzubringen“, sagt Michael Fröba, Koordinator des Großprojekts und Professor am Institut für Anorganische und Angewandte Chemie der Uni Hamburg. So ausgestattet, könnten Wasserstoff-Pkw mit einer Tankfüllung länger fahren.
Leichter, kompakter und einfacher zu betanken – wie soll das gehen? Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass sich Wasserstoff chemisch an bestimmte Metalle binden lässt, wenn man die Komponenten durch die Zugabe eines Katalysators reagieren lässt. Solche sogenannten Metallhydride sind bereits als Speicher im Einsatz, etwa in modernen U-Booten, die bei Tauchfahrten auf Brennstoffzellenbetrieb umschalten, und in einigen Fähren.
Im Auto kommt es auf jedes Kilo an, wenn man Treibstoff sparen will
Solche Metallhydridspeicher sind zwar klein, aber schwer. In U-Booten, die ohnehin viel Masse für die Tauchfahrt brauchen, ist das sogar willkommen; auf Schiffen stört das Zusatzgewicht nicht sonderlich. Für Autohersteller allerdings, die mit diversen Tricks jedes Kilogramm einzusparen versuchen, sind sie nutzlos.
Die Wissenschaftler um Michael Fröba setzen deshalb auf Verbindungen von sehr leichten Metallen wie Lithium oder Magnesium mit Wasserstoff, sogenannte Leichtmetallhydride. Sie sollen in die kleinen Poren gefüllt werden, wobei genug Platz für den Wasserstoff bleibt, der mit den Leichtmetallen reagiert und dadurch festgehalten wird, wie Fröba erläutert. Um den Wasserstoff in den Nanoschwamm zu pressen und chemisch zu binden, sei ein erheblich geringerer Druck nötig als bei den herkömmlichen Drucktanks. Geplant sei, letztendlich nicht mehr als ein bis drei Bar aufzuwenden. Das entspricht etwa dem Druck in Autoreifen.
Bundesweit gibt es Kooperationspartner für das Wasserstoff-Auto
Um die chemischen Bindungen wieder zu lösen, damit der Wasserstoff als Treibstoff dienen kann, seien bisher Temperaturen von 300 bis 350 Grad nötig, sagt Fröba. Vorgesehen sei, die nötige Wärme möglichst bis auf 200 Grad zu reduzieren – das würde viel Energie sparen. Eine weitere Herausforderung besteht darin, zu erreichen, dass die chemische Reaktion möglichst lange gleichbleibend gut funktioniert. Um diese Ziele zu erreichen, wollen die Forscher mit einer Mischung aus zwei Metallhydriden experimentieren, die verschiedene Stärken haben.
Je nach Expertise beschäftigen sich die Kooperationspartner mit verschiedenen Komponenten: Forscher der Uni Hamburg sollen Kohlenstoffe mit den Nanoporen entwickeln; Kollegen vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht sollen die Leichtmetalle herstellen und verbessern; Forscher von der Technischen Universität Harburg werden die Eigenschaften der Materialien am PC simulieren und mit den Partnern ein Tankdesign entwickeln. Für den Bau eines Prototyps ist die nordrhein-westfälische Zoz GmbH zuständig. Unterstützung zugesagt haben die Unternehmen BASF und Linde.
Laufe alles wie geplant, könnte die neue Technik für Brennstoffspeicher in ungefähr zehn Jahren auf den Markt kommen, schätzt Koordinator Michael Fröba. Dass es eher noch etwas länger dauern könnte, glaubt Heinrich Klingenberg, Experte für alternative Antriebe bei der Hochbahn-Tochter hySolutions. Zunächst müsse man abwarten, ob sich die Erwartungen in Experimenten bestätigten. „Wenn dem so wäre, könnte die neue Speichermethode mittelfristig bestehende Technologien ergänzen“, sagt Klingenberg. „Wichtig ist, dass sich diese Speichertechnik auch in den bestehenden Wasserstofftankstellen nutzen ließe.“
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