Barmbek

Pionier, Visionär und Lebensretter

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Friederike Ulrich

Der renommierte Notfallmediziner Heinzpeter Moecke ist tot. Er prägte das deutsche Rettungssystem als Wissenschaftler und Praktiker

Barmbek. Er hat Tausenden das Leben gerettet – nur sein eigenes konnte er nicht vor einem frühen Ende bewahren. Heinzpeter Moecke, einer der renommiertesten Notfallmediziner Deutschlands, ist mit 63 Jahren gestorben. Der Hamburger, der seine medizinische Laufbahn mit einer Sanitätsausbildung beim Arbeiter-Samariter-Bund begann und vom Ärztlichen Direktor des Klinikums Nord zum Leiter des Bereichs Medizin und Wissenschaft bei den Asklepios Kliniken befördert wurde, starb am 26. November an einer schweren Lungenerkrankung. Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder.

Bei denen, mit denen er zu tun hatte, hinterließ er einen bleibenden Eindruck. Manche beschreiben ihn als Typ zwischen Charlie Chaplin und Helmut Schmidt, weil er ein sensibler Querdenker mit einem Faible für Zigaretten war, eher klein von Wuchs, aber mit großen Visionen, deren Realisierung er mit Begeisterung und Überzeugungskraft durchsetzte.

Moecke gilt als Pionier der Luftrettung in Deutschland, also dem Einfliegen von Notärzten und dem Krankentransport auf dem Luftweg. Außerdem erfand er eine Erste-Hilfe-App fürs Handy, brachte das Simulationstraining für Katastrophenszenarien nach Deutschland und widmete sich als einer der ersten Fachpublizisten Themen wie Psychiatrie in der Rettungsmedizin, Terroranschlägen und Notfallmedizin oder der Qualitätssicherung im Rettungsdienst. „Heinzpeter Moecke war ein vielseitiger Mensch und für alle, die mit ihm zu tun hatten, eine Bereicherung“, sagt sein langjähriger Freund Rudi Schmidt, ehemaliger Konzernsprecher bei Asklepios.

Bei der Feuerwehr wurde Moecke verehrt, weil er als „einer der ihren“ auf Hamburgs Straßen unterwegs war. „Professor Moecke war uns in verschiedenen Funktionen über Jahrzehnte sehr eng verbunden und hat das heute bestehende System der Notfallrettung in Hamburg nachhaltig gestaltet und geprägt. Sein Tod hat uns tief betroffen gemacht“, so Amtsleiter und Oberbranddirektor Klaus Maurer. „Als Notfallmediziner im aktiven Einsatz hat er sich mit Leib und Seele engagiert.“ Bis 2012 habe Moecke sich als Mitglied der Leitenden Notarztgruppe an zahlreichen rettungsdienstlichen Groß- und Sonderlagen beteiligt.

Die Fachwelt schätzte seine Kompetenz. „Heinzpeter Moecke besaß das herausragende Talent, Zukunftsentwicklungen frühzeitig zu erkennen“, sagt Sebastian Wirtz, sein Nachfolger auf dem Chefarztposten der Anästhesiologie und operativen Intensivmedizin in Barmbek. „Er war in einem großen Netzwerk Leitfigur und Ideengeber. Diese Ideen hat er lebendig werden lassen und damit viele Veränderungen in der Organisation der medizinischen Versorgung in Krankenhäusern und im Rettungsdienst bewirkt.“ So baute Moecke 1998 das international beachtete Institut für Notfallmedizin (IfN) auf, welches er bis zuletzt leitete. In den heutigen Hamburger Asklepios Kliniken Nord und Barmbek war er unter anderem Chefarzt für Anästhesie und Intensivmedizin. Er war über viele Jahre Mitglied im Aufsichtsrat der Askle­pios Kliniken Hamburg GmbH, führte die Asklepios Ärzteakademie und initiierte an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), an der er eine Ehrenprofessur innehatte, den Studiengang Rescue Engineering (Rettungswesen).

Auch in seinen anderen Ämtern setzte Moecke über mehrere Jahrzehnte viele Impulse, insbesondere in seiner Funktion als erster Landesfeuerwehrarzt in Hamburg (1992–1994) und zuvor bereits als Gründungsmitglied der bundesweit ersten Leitenden Notarztgruppe (1985). Für sein außerordentliches Engagement und die vielfältigen Leistungen für die notfallmedizinische Versorgung in Hamburg und der Bundesrepublik wurde Moecke 2013 von Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

Für seine Freunde zählten andere Werte. Um seiner Frau beim Formulieren einer Todesanzeige zu helfen, hatte Moecke sie kurz vor seinem Tod um Assoziationen zu seiner Person gebeten. Das Feedback reichte von Ratgeber, ausgleichend, kollegial, herzlich, ehrlich, kreativ, freundlich, zielstrebig, visionär bis zu humorvoll, offen, hilfsbereit, verlässlich, Mensch, gut Freund, stolzer Vater, zuverlässig, neugierig, warmherzig, klar, glücklich, sozial und Netzwerker. Auch Kaffee und Zigaretten wurden erwähnt – die Laster, von denen er nicht lassen konnte.

Die Trauerfeier findet heute um 14 Uhr in der Fritz-Schumacher-Halle auf dem Friedhof Ohlsdorf statt.

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