Hamburg

Mehr Richter: Opposition spricht von Mogelpackung

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Peter Ulrich Meyer Daniel Herder

Rot-Grün will elf zusätzliche Stellen für besonders belastete Gerichte einrichten

Hamburg. Fortsetzung von Seite 1

Für die Opposition sind die elf zusätzlichen Richterstellen, die der rot-grüne Senat einrichten will, bei Weitem nicht ausreichend. „Angesichts der eklatanten Probleme an Hamburgs Gerichten und der Skandale der vergangenen Monate ist das zu wenig“, kritisierte Richard Seelmaecker, justizpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Leider ist der Bürgerschaftsantrag von SPD und Grünen eine Mogelpackung. Die Finanzierung bleibt völlig im Unklaren.“

Deutliche Kritik kam auch von FDP-Justizpolitikerin Anna von Treuenfels. „Die Krise der Justiz ist so weit fortgeschritten, dass mit diesen minimalen Trostpflästerchen langfristig kaum etwas zu erreichen sein wird“, sagte die Liberale. Mutmaßliche wie verurteilte Straftäter liefen mangels rechtzeitiger Verfahren in Hamburg frei herum, Gläubiger erhielten keine zeitnahen Urteile gegen langjährige Schuldner. „Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist erschüttert.“

Der Hamburgische Richterverein begrüßt die zusätzlichen Stellen. „Die von Bürgerschaft und Senat angekündigten Unterstützungsmaßnahmen tragen dazu bei, dass die Justiz im Interesse der Bürger ihren hohen Standard bei der Verwirklichung des Rechtsstaats halten kann“, sagte Marc Tully, Vorsitzender des Richtervereins.

Nach den Worten von Justizsenator Till Steffen (Grüne) müssen die neuen Stellen für Richter und Servicekräfte aus dem Haushalt der Justizbehörde finanziert werden. Dies sei auch möglich, weil der Etat „nicht so stark auf Kante genäht“ sei, es also Spielraum gebe. Lediglich die zusätzlichen Verwaltungsrichter kämen „on top“.

Steffen bekräftigte zugleich sein Ziel, die Gerichte in Zukunft von Einsparungen auszunehmen – wie es bereits jetzt für Staatsanwaltschaft, Polizei und Feuerwehr gilt. Der „Sparbeitrag“ der Gerichte würde sich auf sieben Richterstellen pro Jahr belaufen. Insgesamt muss die Justizbehörde 35 Stellen jährlich abbauen.

Die Diskussion über die Arbeitsbelastung der Gerichte hatte unter anderem der spektakuläre Fall der beiden Cousins Hakan und Ali Y. ausgelöst, die sich seit Freitag wieder im Gefängnis befinden. Die beiden Männer, vom Landgericht wegen Totschlags inzwischen rechtskräftig zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt, waren per Beschluss des Oberlandesgerichts im Mai wegen zu langer Prozessdauer aus der U-Haft entlassen worden. Nachdem eine Ladung zum Strafantritt nicht zugestellt werden konnte, befürchteten Ermittler, dass sich die Cousins ins Ausland abgesetzt haben könnten. Eine zweite Zustellung auf Initiative der Verteidiger sei aber erfolgreich gewesen, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nana Frombach. Hakan Y. und Ali Y. hätten ihre Strafe in Remscheid und Euskirchen angetreten.

( pum/dah )

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