Der Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel hat die umstrittene Altersuntersuchung von jungen Flüchtlingen verteidigt. Die Debatte sei völlig „überdreht“, weil so getan werde, als ob die Vermessung der Genitalien oder die Röntgenuntersuchung der Hände alleiniges Kriterium zur Altersbestimmung sei, sagte Püschel der Wochenzeitung „Zeit-Hamburg“. Der Gesetzgeber verlange eine Altersbestimmung, weil junge Flüchtlinge besser geschützt werden sollen. Derzeit gebe es keine genauere Untersuchungsmethode. Püschel ist Leiter der Rechtsmedizin der Uni-Klinik Eppendorf (UKE).
Püschel räumte ein, dass die medizinische Altersbestimmung derzeit nicht exakt ist. Weil es einen Schwankungsbereich gibt, schätze die Rechtsmedizin die Flüchtlinge in der Regel rund zwei Jahre jünger ein, als sie sind. Eine psychologische Begutachtung sei weder genauer noch unschädlicher. Schweden, wo derzeit in Europa die meisten minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge ankommen, wende ebenfalls Röntgenuntersuchungen an.
Zwischen 2012 bis 2015 wurden im UKE 1600 junge Flüchtlinge untersucht. Dass davon trotz der Toleranzgrenze lediglich 600 als minderjährig eingestuft wurden, ist für Püschel ein Indiz dafür, dass viele Asylbewerber ihr Alter viel zu jung angeben. Es sei nicht sinnvoll, wenn männliche, unbegleitete Flüchtlinge, die weit über 20 Jahre alt sind, mit 14- oder 15-jährigen Mädchen zusammen untergebracht werden.
Er sehe nicht, dass die jungen Flüchtlinge bei der Untersuchung unter psychischem Druck litten, sagte Püschel. Sie wirkten im Institut vergleichsweise entspannt. Einem erheblichen Teil dieser Jugendlichen werde ja durch die Untersuchung Recht gegeben. „Die sind nach unserer Untersuchung besser dran als vorher.“
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