Hamburg. Das rote Halsband von Hund Oskar setzt sich klar von seinem Fell ab, der Kragen am Hemd von Herrchen André Dubbe sitzt perfekt, sein Dreitagebart ist gut zu erkennen. Das Besondere: Mensch und Boston-Terrier haben Modellmaße. Sie sind wie im Filmklassiker „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“ verkleinert worden, auf den Maßstab 1:8. Statt aus Blut und Zellen bestehen sie allerdings aus Polymergips.
Herrchen und Hund waren sozusagen Versuchskaninchen für das Hamburger Start-up 3Dee-Kreativdienst, dessen Geschäftsführer der 50-Jährige ist. Das nach eigenen Angaben erste 3-D-Fotogrammetrie-Studio an der Elbe fotografiert seine Kunden nicht nur, sondern bearbeitet die Aufnahmen per Software und fertigt schließlich originalgetreue Modellfiguren von ihnen an. „Das ist die Fotografie von morgen“, sagt Dubbe. Stundenlanges Verharren in einer Position ist dafür nicht notwendig. Zwar sollten Kunden eine halbe Stunde Zeit mitbringen, die eigentliche Aufnahme geht aber schnell. „Die Kunden müssen nur fünf Sekunden stillstehen“, sagt Dubbe. 60.000 Euro investierten er und seine Geschäftspartner Dorit Benske, 48, und René Kröger, 50, in ihre zweite Fotoausrüstung. Für die 3-D-Figuren gründete das Trio, das aus der Agenturbranche kommt und bisher in getrennten Firmen oder als Freiberufler zusammenarbeitete, ein neues Unternehmen. „Wir arbeiten nun ausschließlich mit HD-Spiegelreflexkameras“, sagt Kröger und nennt damit einen wichtigen Qualitätsunterschied zu Mitbewerbern, die auf Systeme bauen, die auf Handylinsen basieren. In dem ein Meter breiten und zwei Meter hohen Fotostudio sind in den Wänden 60 dieser Kameras montiert, die den Kunden aus unterschiedlichen Winkeln ablichten. Sie werden zentral gesteuert und lösen zeitgleich für eine Hundertstelsekunde aus.
Während für den Kunden nach mehreren Aufnahmen – schließlich guckt man mal unglücklich oder die Augen sind geschlossen – die Arbeit abgeschlossen ist, geht sie für die vier Mitarbeiter große Firma erst richtig los. Mindestens drei bis vier Stunden werden die Daten am Computer bearbeitet. Genutzt wird dabei eine Software aus Russland, mit der sonst virtuell Landschaften nachgebaut werden. „Das ist wie ein Puzzle. Die Software errechnet eine 3-D-Figur“, sagt Benske. Allerdings gebe es dabei noch viele Ungenauigkeiten, die in digitaler Handarbeit ausgemerzt werden müssen. Dubbe: „Die Haut sieht aus, als ob sie Pocken hätten. Die Haare, als ob sie einen Lappen auf dem Kopf hätten.“ Auch glänzende Kleidung bedeutet Mehrarbeit.
Wenn das Feintuning erfolgt ist, werden die Daten an eine 3-D-Druckerei geschickt. Ein feines Pulver wird in der Stärke von 0,1 Millimeter aufgetragen, mit Tinte fixiert und im Backofen gebrannt. Fünf bis sechs Stunden brauche ein Drucker für eine Figur, dann werden sie per Hand nachgearbeitet und UV-versiegelt, damit die Farbe lange hält. Nach drei bis vier Wochen bekommt der Kunde sein zweites Ich im Miniaturformat, das es in unterschiedlichen Größen und Preisen gibt. Im Maßstab 1:18 kostet sie bei 3Dee-Kreativdienst 200 Euro, in der 1:5-Variante werden 990 Euro fällig. Uhren, Gürtel, Schmuck und Mützen sind inklusive, weitere Accessoires kosten Aufschlag: beispielsweise eine kleine Handtasche 30 Euro, eine Brille 40 Euro, ein Motorradhelm 60 Euro und ein kleines Tier auf dem Arm 90 Euro. Mitbewerber bieten die Figuren teilweise deutlich günstiger an. Bei Youlittle mit Sitz in München und Filiale am Eppendorfer Weg gibt es die kleinste Variante für 179 Euro. Das Dortmunder Unternehmen 3D Generation hat bei Saturn an der Mönckebergstraße ein Studio untergebracht und verlangt zwischen 99 und 799 Euro für ein Modell. Auch Media Märkte bieten den Service an.
Bei 3Dee-Kreativdienst verweist man auf die hohe Qualität, die man anbiete. Die Konturen des Körpers würden schärfer herausgearbeitet, Details wie Uhren exakt wiedergegeben. Die Kunden seien mit ihren Widerparts stets zufrieden gewesen, das sei bei der Konkurrenz nicht immer der Fall.
Der Markt sei mit 15 bis 20 Anbietern bundesweit noch recht überschaubar. Zwischen 70 und 80 Figuren stellten die Hamburger bisher her. Über ein Katalogsystem und Kooperationspartner in anderen Städten werden Aufträge aus Deutschland, Österreich und der Schweiz angenommen. Kröger ist optimistisch, dass es schnell mehr werden: „Momentan haben wir etwa einen Kunden pro Woche. In diesem Jahr sollten wir es schaffen, auf einen pro Tag zu kommen.“ Schließlich habe man bisher noch massiv an der Verbesserung des Produktes gearbeitet und starte nun erst langsam mit dem Marketing. Neben Otto Normalbürger hofft das Unternehmen auch auf prominente Kunden wie Fußballer, Sänger und Schauspieler, die ihre Figuren an Fans verkaufen wollen. Oder auf Aufträge aus der Kunstszene wie zum Beispiel für den Nachdruck von Statuen – auch beim „Oscar“ würde Oskars Herrchen bestimmt nicht Nein sagen.
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