Eimsbüttel. Es war eine von diesen Ideen, auf die man erstmal kommen muss – und die dann ganz schnell einschlägt. Die Idee hieß: Nachbarschaftshilfe in digitaler Form, das Ergebnis heißt: „Do me a Favour“ (auf Deutsch: Tu mir einen Gefallen). Diese neue Smartphone-App können diejenigen nutzen, die Tipps oder Unterstützung brauchen – und nicht recht wissen, an wen sie sich in der weitläufigen Stadt wenden sollen.
Wer sich die App herunterlädt, ist von der Vielfältigkeit des Angebots verblüfft: mal werden Bücher für eine Bachelorarbeit gesucht, dann wieder Umzugskartons, Kuchenrezepte oder Tipps für eine Dublin-Reise oder ein persisches Restaurant.
Die App ist damit nicht nur Hilfsinstrument, sondern auch ein Kommunikationsmittel im Dschungel der anonymen Großstadt. „Vernetzt Euch mit Euren Nachbarn, helft einander und macht Euer Viertel, oder sogar die ganze Stadt, zu einem noch schöneren Ort. Wir freuen uns auf Euch“, werben die Gestalter. Die Nutzung ist kostenlos.
Hinter der neuen App steht der Unternehmer Axel Sven Springer, 49, der sie gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Till Tolkemitt entwickelt hat.
Der Enkel des Verlegers Axel Springer (1912 bis 1985) ist davon überzeugt, dass die App helfen und freundliche Menschen zusammenbringen kann – sie sei „die erste App für mehr Wärme im Leben“.
Startgebiet für „Do me a Favour“ ist Eimsbüttel – ein Bezirk, der groß, quirlig und heterogen ist, eine Art Hamburg en miniature. Flankiert wurde ein erster Probelauf von Plakataktionen, auch Aufkleber („Eims hilft Büttel“) und Flyer machten die Runde. Aber die App funktioniert natürlich überall – die digitale Welt kennt eben keine Grenzen.
Vier Wochen nach diesem Test haben sich schon mehr als 600 Nutzer registrieren lassen – im schnelllebigen Digitalgeschäft eine sehr gute „Hausnummer“. Vor sechs Wochen waren es noch 36, berichtet Springer ein wenig stolz, „das Konzept kommt offenbar an“.
Springer ist ein unkomplizierter Typ, dem man es abnimmt, wenn er sagt: „Rote Teppiche sind nichts für mich.“ Aufgewachsen in München, zog er Anfang der 90er-Jahre nach Hamburg und ist bis heute angetan von der Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der Hamburger.
„Und wenn man Menschen anlächelt, wird nett zurückgelächelt“ meint Springer. Die Idee für die neue App kam ihm, als eine Freundin im Skiurlaub feststellte, dass sie ihre Jacke zu Hause vergessen hatte. Am besten wäre es damals gewesen, ein anderer Reisender aus Hamburg, der kurz vor der Fahrt in denselben Skiort stand, hätte die Jacke mitgenommen. Doch wie sollte man diesen Menschen überhaupt finden, wie einen Kontakt herstellen? Die Nachbarschafts-App hätte das Problem lösen können – die gab’s damals nur leider noch nicht. „Ich stelle mir vor, wie viele Menschen lächeln, wenn sie sich mit Hilfe der App gegenseitig helfen können oder einfach nur freundliche Kommentare lesen“, sagt Axel Sven Springer. Denn auch das fällt ihm auf: „Viele der Nutzer haben keinen konkreten Wunsch, sondern sie bieten von sich aus Hilfe an, wollen Dinge verschenken für andere mit dem Hund Gassi gehen oder einfach nur nette Leute kennenlernen.
Springer hatte sich nach jahrelangem Rechtsstreit mit Verlegerwitwe Friede Springer aus dem Unternehmen zurückgezogen. Er fühlte sich um sein rechtmäßiges Erbe betrogen und veröffentlichte dazu 2012 das Buch „Das neue Testament“. Inzwischen scheint Gras über die Sache gewachsen zu sein. „Ich bin im Frieden mit Friede“, erzählt der junge Springer, dem Unternehmen, das sein Großvater einst aufbaute, fühle er sich nach wie vor verbunden. Eine Rückkehr möchte er heute auch nicht ausschließen.
Erst nachdem der Name „Do me a Favour“ eingeführt und etabliert war, fiel Springer die Ähnlichkeit mit dem Slogan „Seid nett zueinander“ auf, den sein Großvater einst für das Hamburger Abendblatt prägte. Für ihn ist das ein positiver Impuls, fast schon so etwas wie ein Zeichen, und im Zusammenhang mit der App fällt jetzt immer wieder der Satz „Seid internett zueinander“.
Axel Sven Springer ist ein freundlicher Mensch – aber auch ein Kaufmann. Dass die App eines Tages Geld einbringen könnte, wäre nicht nur willkommener Nebeneffekt, sondern ist fest eingeplant. „Wir hoffen, dass die Werbung auf unser Projekt anspringt und bei uns investiert“, so Springer, der bereits an einer weiteren Service-App arbeitet. Für die Nutzer soll „Do me a Favour“ aber weiterhin kostenfrei bleiben. Da reicht dem Unternehmer die Vorstellung vom Lächeln der anderen – und im Übrigen ist er sicher: „Helfen macht glücklich.“
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