Erst kürzlich hatte sie nach einer Podiumsdiskussion noch hastig dementiert, mit dem Rücktritt gedroht zu haben. Jetzt hat sie die Drohung gleich ganz übersprungen und ist zur Tat geschritten: Karin von Welck, Senatorin für Kultur, Sport und Medien, gibt ihr Amt auf.

Der Schritt ist konsequent.

Seit Monaten wird von Welck heftig aus allen Himmelsrichtungen attackiert. Die Vorwürfe und Beleidigungen sind vielgestaltig und immer weniger charmant, sie lauten "Machtgier und Inkompetenz" (der Maler Daniel Richter) oder "Totengräberin der Kunsthalle" (der ehemalige Kunsthallendirektor Werner Hofmann), der Finanzsenator denkt öffentlich darüber nach, ob die Subventionierung der Oper eigentlich nötig ist, und beschädigt damit ihre Autorität im Senat, und selbst Udo Lindenberg, der friedlichste Panikrocker unter der Sonne, schiebt seinen Unmut auf die Hamburger Kulturpolitik.

Von allen Seiten angeschossen zu werden macht mürbe, und so angesehen Karin von Welck in der Hamburger Gesellschaft auch war, in der sie unermüdlich und nachdrücklich für die Unterstützung der Kultur warb, der Loyalität konnte man zuletzt praktisch beim Schmelzen zusehen.

Die Gründe dafür waren vielfältig. Die strukturelle Unterfinanzierung der Museen etwa bekam von Welcks Behörde nicht in den Griff, Kunsthallendirektor Hubertus Gaßner machte sich nach einem äußerst unglücklichen Hin und Her um eine mögliche Schließung der Galerie der Gegenwart gar nicht mehr die Mühe, wenigstens öffentlich Geschlossenheit mit der Kulturbehörde zu behaupten, auch sein Kollege vom Altonaer Museum traute der Kulturbehörde zu, Brandschutzmaßnahmen vorzuschieben, um Sparziele zu erreichen. Es gelang von Welck nicht mehr, die fatalen Kommunikationsprobleme mit der Szene zu verbessern, das Ansehen nach außen und das Vertrauen nach innen waren nachhaltig beschädigt.

Dazu lastete die Elbphilharmonie als größte unter all ihren Baustellen auf Karin von Welcks Schultern. Sie konnte nichts dafür, musste es aber ausbaden - und als nach der letzten Wahl jemand für das Sportressort gesucht wurde, schob man auch das kurzerhand in ihre Behörde. Die Überforderung war unausweichlich.

Man braucht aber - neben der Leidenschaft für die Sache, die man ihr immer und ohne Abstriche glaubte - viel Kraft und vor allem Rückhalt für diese Arbeit, für den schwierigen Kampf um den Etat, der nach einem glücklichen Ausgang im vergangenen Jahr wieder kurz bevorsteht. Schlimm wäre, wenn die Kultur jetzt der größte Verlierer dieses Rücktritts würde: Wenn bis zur Sparklausur im Herbst kein starker Nachfolger gefunden wird, wer erklärt den Senatskollegen dann, dass Einsparungen im ohnehin lächerlich kleinen Kulturetat (nicht mal drei Prozent des Gesamthaushalts) keinerlei Nutzen bringen, aber viel Schaden anrichten können?