Das Thema Sterbehilfe ist ein hochemotionales Thema. Persönliche Ansichten prallen hier ebenso aufeinander wie Argumente. Dabei muss zunächst einmal zwischen aktiver, passiver und indirekter Sterbehilfe unterschieden werden. In Deutschland ist die aktive Sterbehilfe – wie in fast allen Ländern der Erde – strafbar. Erlaubt ist die gezielte Herbeiführung des Todes durch aktives Handeln dagegen in den Niederlanden, Belgien oder Luxemburg. Allerdings müssen sich dort zwei Ärzte unabhängig voneinander sicher sein, dass der Patient wirklich sterben möchte, dieser sein Leiden kaum noch erträgt und definitiv keine Aussicht auf Besserung besteht. Kein Strafbestand liegt dagegen vor, wenn nach dem Wunsch des Patienten passive Sterbehilfe geleistet wird – z.B. durch die Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen, durch Behandlungsabbruch oder den Verzicht auf Reanimation. Und straffrei ist auch die sogenannte indirekte Sterbehilfe. Vereinfacht ausgedrückt: Wer einer lebensmüden Person Gift besorgt, begeht keine Straftat, sofern die Person das Gift selber nimmt. Die Kernfrage, um die es meistens geht, betrifft aktive Sterbehilfe. Die Meinung ist hierbei zunächst einmal relativ eindeutig. Über vier Fünftel von uns wünschen sich mehr Möglichkeiten der aktiven Beihilfe zum Suizid. Etwas zurückhaltender äußern sich junge Menschen unter 29 Jahren sowie ältere Mitbürger über 80 Jahre.

Was sind die häufigsten Argumente? Da ist insbesondere das Recht zur Selbstbestimmung des Einzelnen über sein Leben und seinen Tod. Das Recht also selbst zu entscheiden, wann das eigene Leben nicht mehr lebenswert ist und im Bedarfsfall hierfür dann auch aktive Hilfe von anderen Personen in Anspruch nehmen zu können. Zudem wird das sanfte Ableben durch die Abwendung von Schmerzen und Leid als Grund angeführt.

Für Gegner der Sterbehilfe zählen diese Argumente nicht. Sie haben Bedenken, ob wirklich jeder selbstbestimmt in einer Situation entscheiden kann, die gekennzeichnet ist durch starke Schmerzen, Verzweiflung, Angst oder gar Depression. Auch bleiben Zweifel an einem würdevollen Sterben bestehen, da Komplikationen nie ganz ausgeschlossen werden können. Genannt wird zudem das Eintreten von zuvor unvorhersehbaren Möglichkeiten wie etwa ein plötzlich passendes Organtransplantat. Und neben religiösen Gründen befürchten viele eine Kommerzialisierung der aktiven Sterbehilfe. Bereits gegenwärtig bieten verschiedene – als Vereine operierende – Institutionen eine aktive Sterbehilfe an. Die Mitgliedschaft kostet im Durchschnitt 300 Euro pro Jahr, allerdings mit einer Wartezeit von drei Jahren – wer sofort Mitglied werden möchte, der zahlt 7000 Euro.

Für beide Sichtweisen gibt es sicherlich noch weitere gute Argumente und am Ende bleibt es keine Frage von richtig oder falsch, sondern eine individuelle Sichtweise. So auch für mich. Ich kann zwar viele Argumente nachvollziehen, doch ist es für mich persönlich vor allem eine Frage, wie wir zukünftig miteinander umgehen und leben wollen. Unsere auf Leistung und Konsum ausgerichtete Gesellschaft tabuisiert sterbende Menschen, Krankheiten und auch Tod in vielerlei Hinsicht. Es zählt oftmals nur der aktive und produktive Mensch. Auch befürchte ich einen zunehmenden Druck auf des Lebens müde Mitbürger, die glauben durch einen begleiteten Suizid den Verwandten eine Last abzunehmen. Zudem frage ich mich wer über seinen eigenen Tod entscheiden darf – wie sieht es mit Schwerbehinderten, mit Komapatienten oder auch mit sterbenskranken Kindern aus?

Eine Alternative zur aktiven Sterbehilfe wäre für mich der Ausbau von Einrichtungen zur Sterbebegleitung. Bundesweit gibt es rund 200 stationäre Hospize und 250 Palliativstationen, davon zehn in unserer Hansestadt. In diesen ist ein würdiges Sterben ohne übermäßige Schmerzen möglich. Die Möglichkeiten und Vorteile von Hospizen und Palliativstationen sind bevölkerungsübergreifend anerkannt und der Ausbau scheitert derzeit lediglich an den Kosten. Ja, diese sind hoch, aber dieses Geld sollten wir als Gesellschaft für jeden Betroffenen aufbringen anstatt darüber zu diskutieren ob bzw. unter welchen Umständen aktive Sterbehilfe erlaubt ist.