Eine Glosse von Jens Meyer-Odewald

Der Start in die Frühjahrsferien kann Eltern wertvolle pädagogische Erkenntnisse bescheren. So wie beim sonnabendlichen Einkaufsvergnügen in Ottensen. Dort wird der Plan eines kleinen Mittagsimbisses mit Currywurst, Pommes Schranke und Cola von der Tochter jäh gestoppt. „Es geht auch anders“, befindet sie mit Blick auf Papas Plautze. Offensichtlich hat sie im Bio-Unterricht in der siebten Klasse prima aufgepasst. Gnadenlos weist die junge Dame den Weg: Erst ins Reformhaus im Mercado, anschließend ab zum Ökomarkt auf dem Spritzenplatz.

„Man kann auch gesund knabbern“, meint die Zwölfjährige und zieht einen Beutel Wirsing-Chips aus dem Regal. In drei Geschmacksrichtungen zum Freundschaftspreis von je 3,49 Euro zu haben – für satte 35 Gramm. Dann lieber Nulldiät, so die trotzige Antwort. Doch der jugendliche Gesundheitsapostel gibt nicht auf. Verführerische Köstlichkeiten sollen den Pfad der Tugend ebnen: „Steffis Spinat“ mit Pinienkernen, Tofusalat nach Gutsherrenart, eine vegane Pastete aus Limette und Minze, glutenfreie Maisbrezeln oder Zucker aus Kokosblüten lassen einem das Wasser im Munde zusammenlaufen.

Mit dem Hinweis, nach dem opulenten Frühstück im Bagel-Laden ohnehin gesättigt zu sein, wird der Ökomarkt angesteuert. Tiefer Frust geht mit. Doch zwischen Grünzeug und veganer Versuchung entdeckt der geübte Blick eine Schlemmer-Oase. Herrlich duftende Bratwürste brutzeln auf dem Rost, gleich in mehreren Sorten. Wer mag, kann dazu gebratenes Biogemüse bestellen. Das ist ein Kompromiss, der schmeckt.