Menschen knien in einer Reihe und warten auf die Enthauptung, gnadenlos mit unbeschreiblichem Sadismus von der Kamera festgehalten. Hunderte von Mädchen werden entführt und auf das Widerwärtigste missbraucht. Jüdische Kunden in einem Supermarkt werden erschossen. Die Bilder des Schreckens und der Gewalt reißen nicht ab. Sehen wir nicht weg! Ich lasse mir sie nicht wegerklären durch Ausreden und kluge Sprüche. Als Mann des Glaubens und der Sache der Religion empört es mich zutiefst, es beschämt mich, wenn Gott bei diesem Wahn im Spiel sein soll, wenn er in seinem Namen geschehen oder doch irgendwie gerechtfertigt werden soll.

Hat Religion ein solches Gewaltpotential? Ist Gewalt die böse Kehrseite der frommen Berufung auf einen Gott? So fragen mich kritische Geister. Ich selber erschrecke vor dem dunklen Abgrund religiösen Wahnsinns. Es stimmt: Auch Christen sind nicht unschuldig. Wir wissen um die finsteren Kapitel unserer Geschichte, um den Missbrauch von Gott für Zwecke und Ziele, die ihm total widersprechen.

Wir wissen um die fanatischen Irrläufer, um Gruppen und ihre Anhänger. Ja, Religion kann Gewalt wecken und damit radikal ihrem Wesen widersprechen.

Soll ich auf andere Ideologien aufmerksam machen? Auf einen Nazi-Ungeist, der die grauenvollsten Verbrechen rechtfertigen wollte? Auf kommunistische Ideologien mit ihren gnadenlosen Säuberungen und Millionen von Opfern? Auf eine RAF mit angeblich intelligenten Leuten, die kein Unrecht gescheut haben? Auf Systeme wie in Nord-Korea, die über jede Leiche gehen? Auf eine Ideologie der Vernunft zu Beginn der europäischen Revolutionszeiten, die die Menschen abgeschlachtet hat?

Die Christen sollen nicht von sich weg auf die anderen zeigen. Gerade die scheinbar Frommen müssen sich bekehren. Sie müssen gegen jeden Missbrauch von Gottes heiligem Namen protestieren. Wir wollen es heute besonders von den religiösen Führern laut hören; sie dürfen sich nicht in feiges Schweigen flüchten: Gott verabscheut das Verbrechen, die Schändung eines jeden Menschen. Stoppen wir die Wahnsinnigen! Nehmen wir uns weltweit an die Hand für eine Kultur der Humanität, der Freiheit und Toleranz!

So kann das gute Gesicht der Religion aufleuchten. Es ehrt uns Menschen und will uns von Verblendungen befreien.

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