Am zweiten Tag der Koalitionsverhandlungen einigten sich beide Parteien darauf, den Kurs der Haushaltskonsolidierung beizubehalten

Hamburg. Wenn sich Parteien in Koalitionsverhandlungen dem Thema Haushalt zuwenden, ist der zu verteilende Kuchen in aller Regel zu klein. Dann müssen entweder die Wünsche reduziert oder der Kuchen vergrößert werden, zum Beispiel durch Steuererhöhungen. Insofern hätte es großen Symbolgehalt haben können, dass SPD-Fraktionschef Andreas Dressel am Donnerstagnachmittag die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen kurz verließ, um beim Bäcker neben dem Rathaus noch eine Ladung Schokokuchen zu holen – der dann ebenso schnell verputzt war wie das Blech Butterkuchen, mit dem sich die gut 20 Teilnehmer der Runde mehr als vier Stunden lang über Wasser gehalten hatten.

Tatsächlich taugte die Aktion jedoch nicht zum Symbol, denn SPD und Grüne haben sich am zweiten Tag ihrer Gespräche darauf geeinigt, den Kuchen nicht zu vergrößern und die Ausgaben weiterhin im Zaum zu halten. „Selbstverständlich“ fühle man sich der ab 2019 geltenden Schuldenbremse und den per Gesetz festgelegten Ausgabeobergrenzen verpflichtet, sagte Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) im Anschluss an die Gespräche. „Es gibt keine Veränderung, kein neues Konzept“, so der Senator. „Wir werden weiter unsere Ausgaben am langfristigen Trend der Einnahmen ausrichten, wir werden weiter sehr vorsichtig planen und Vorsichtsabschläge von der Steuerschätzung vornehmen.“ Die Konsolidierung des Haushalts werde „stetig und konsequent“ fortgeführt.

Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan betonte, dass die Vereinbarungen im Einklang mit den Zielen seiner Partei stünden: „Wir Grünen haben unsere Linie nicht verändert.“ Die ohnehin geltende Schuldenbremse hatten SPD und Grüne 2012 gemeinsam mit der FDP in die Hamburgische Verfassung aufgenommen, um ihre Bedeutung zu betonen. Auch die sehr langfristige Konsolidierungspolitik der SPD mit stetig sinkenden Defiziten und Kreditaufnahmen hatten die Grünen im Grundsatz immer unterstützt.

Allerdings verhehlte Kerstan nicht, dass er Verschiebungen innerhalb des bereits beschlossenen Doppelhaushalts 2015/2016 anstrebe. „Uns Grünen geht es jetzt in den Ressort-Verhandlungen darum, die Prioritäten anders und klüger zu setzen als das in der Vergangenheit der Fall war.“ Welche Ziele das seien, könne jeder im Wahlprogramm nachlesen. Dort wird etwa mehr Geld für Umwelt- und Klimaschutz, mehr Personal an Schulen und Kindergärten, eine Stärkung der Bezirke und eine Stärkung des Fahrradverkehrs gefordert. Inwiefern die Ziele der Grünen umsetzbar sind, müssten die Verhandlungen über die einzelnen Fachressorts zeigen, sagte Kerstan. Diese Gespräche beginne am heutigen Freitag.

Tschentscher ließ offen, inwiefern seine Partei dem Wunschpartner mit finanziellen Umschichtungen entgegenkommen werde. Es gebe zwar noch Spielräume, etwa dank der sinkenden Zinsbelastung, sagte der Finanzsenator und verwies darauf, dass es 2014 statt mit einer geplanten Kreditaufnahme von 300 Millionen Euro einen Überschuss von 420 Millionen Euro gab, mit dem alte Schulden getilgt werden sollen. Andererseits müssten auch immer „unvorhergesehene Belastungen“ einkalkuliert werden, etwa durch steigende Flüchtlingszahlen.

Die Koalitionsverhandlungen werden heute Mittag im Rathaus fortgesetzt. Dann soll es um die Themen Bildung und Schule gehen. Dabei gibt es zwar keine unüberbrückbaren Differenzen zwischen SPD und Grünen, aber abweichende Haltungen im Detail. So wollen die Grünen die Qualität der Kinderbetreuung deutlich verbessern und fordern die Einstellung von 700 zusätzlichen Erzieherinnen, was langfristig etwa 30 Millionen Euro im Jahr kosten würde. Außerdem setzen sie sich für mehr Personal an den Schulen ein, um die Inklusion bewältigen zu können, also die Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen. Dafür wollen sie einen mit 15 Millionen Euro gefüllten „Inklusionsfonds“ einrichten.

Das „Hamburger Bündnis für schulische Inklusion“, hinter dem unter anderen die Gewerkschaft DGB und GEW sowie die Eltern-, Lehrer- und Schülerkammer stehen, erinnerte die Grünen am Donnerstag noch einmal an ihr Wahlprogramm. Demnach sei die Zahl der Viertklässler mit sonderpädagogischem Förderbedarf um zwei Drittel höher als es der Aufstockung des Lehrpersonals entspreche. Die Grünen hatten Schulsenator Ties Rabe (SPD) daher aufgefordert, die Lehrerzahl entsprechend zu erhöhen. „Das Hamburger Bündnis für schulische Inklusion erwartet jetzt von den Grünen, dass sie diese im Wahlkampf erhobenen Forderungen in die Koalitionsverhandlungen nachdrücklich einbringen“, hieß es in einer Stellungnahme.

Nach Abendblatt-Informationen ist es das Ziel von SPD und Grünen, den Koalitionsvertrag bis Mitte April unter Dach und Fach zu haben. Dann könnte der neue Senat in der Bürgerschaftssitzung am 15. April gewählt werden.