Neustadt . Es ist ein Wagen, von dem viele träumen – und den sich die wenigsten leisten können. Ein Aston Martin Rapide, mit einer Spitzengeschwindigkeit von fast 300 und in Handarbeit montiertem Motor. Von der „Macht des Luxus“ schwärmt der Hersteller, eine Edelkarosse, die die Blicke auf sich zieht und angesichts der Anschaffungskosten, die locker für ein Eigenheim reichen würden, wohl auch Neid. Da kann schon ein Reifenwechsel zur heiklen Angelegenheit werden – vor allem, wenn der vermeintlich einfache Routinevorgang in einer Werkstatt gründlich daneben geht. Zerschlissene Sitze, in Alkohol getränkte Teppiche, eine zerkratzte Mittelkonsole: Wie soll man diese Katastrophe erklären?

Mit einer Lüge vielleicht. Oder sogar mit einem Betrug. Dieser massive Verdacht lastet jetzt auf zwei Männern, die sich vor dem Amtsgericht verantworten müssen. Den Inhabern einer Autowerkstatt wird vorgeworfen, die Verantwortung für den Schaden an dem Luxuswagen auf einen Praktikanten abgewälzt zu haben. Nachdem beim Reifenwechsel eine im Auto aufbewahrte Sieben-Liter-Magnumflasche hochprozentigen Alkohols zerbarst und das Wageninnere ruinierte, sollen Dominik D. und Olaf K. (Namen geändert) behauptet haben, der 17-Jährige habe die Sache durch eigenmächtiges Handeln verbockt. Damit haben die Angeklagten versucht, eine Schadensregulierung von mehr als 14.000 Euro durch die Haftpflichtversicherung der Schule des Praktikanten zu erreichen, ist die Staatsanwaltschaft überzeugt. Es geht um versuchten Versicherungsbetrug.

Die Angeklagten bestehen indes darauf, der ehemalige Praktikant sei derjenige gewesen, der durch extremes Unvermögen den Schaden verursachte habe. Der junge Mann habe sich nur eine verleumderische Story ausgedacht aus Wut darüber, dass sie ihm keinen Ausbildungsplatz gegeben haben, sagen die beiden 45 und 43 Jahre alten Männer. Tatsächlich sei der Schüler so ungeschickt gewesen, bei der Suche nach einem Felgenschlüssel im Kofferraum des Wagens ein Behältnis zu öffnen. Dabei sei die Sieben-Liter-Flasche, ein Werbegeschenk, in Schwung geraten, nach vorn gerutscht und im Fahrgastraum zerschellt, so die Angeklagten.

„Zufälle gibt es, das ist unglaublich“, zweifelt der Amtsrichter. Er halte die Schilderung für „nicht kompatibel. Mal ein bisschen drüber nachdenken“, regt er bei den Angeklagten an, „dass wir alle von dieser Welt sind. Wer soll denn das glauben?“ Auch die Staatsanwältin wundert sich. „Die Flasche müsste vom Kofferraum bis zur Mittelkonsole geflogen sein?“

„Ich wurde gebeten, bei dem Aston Martin was zu machen“, erinnert sich der ehemalige Praktikant als Zeuge. „Dann sollte ich einen Schaden als Verursacher angeben, den ich aber gar nicht gemacht habe.“ Er habe sich zu der Lüge hinreißen lassen, weil im Raum stand, dass er einen Ausbildungsvertrag bekommen könne. Doch einige Tage, nachdem er seiner Lehrerin das angebliche Missgeschick beichtete, hakte sie nach. „Da habe ich es dann richtig gestellt.“ Bei einer früheren Befragung bei der Polizei hatte er zudem gesagt, es habe es Gerüchte gegeben, einer der Werkstattinhaber habe selber den Schaden verursacht – mit einem Bremsmanöver in dem Aston Martin, bei dem die Magnumflasche vom Hintersitz nach vorn geflogen sei. Er sei aber „schon enttäuscht gewesen“, räumt der junge Mann ein, als ihm zwei Tage vor dem avisierten Ausbildungsbeginn beschieden wurde, dass es mit der Lehrstelle doch nicht klappt.

Am Ende spricht der Amtsrichter die Angeklagten frei. Die Aussage des Zeugen sei nicht schlüssig und widerspruchsfrei genug gewesen, um darauf eine Verurteilung zu stützen, begründet er das Urteil. Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. Sie hat Berufung eingelegt. Damit ist für die Angeklagten die Sache noch nicht ausgestanden. Das Traumauto Aston Martin - für sie ist er wohl mittlerweile ein Albtraum.