Minister Gröhe greift Impfgegner scharf an: Solche Eltern handeln verantwortungslos. Hamburg reagiert skeptisch

Hamburg. Zwei Viruserkrankungen breiten sich in Deutschland wieder aus: Masern und Mumps. Schleswig-Holstein meldete kürzlich zwölf Fälle von Masern, Niedersachsen sogar 26. In Hamburg erteilte die Gesundheitsbehörde vor wenigen Tagen an der Ganztagsschule Sternschanze 40 Schülern und 26 Lehrern wegen mehrerer Mumps-Erkrankungen ein Schulbesuchsverbot. In Berlin ist die Lage mit bislang 450 Masern-Fällen so ernst geworden, dass jetzt auch die Große Koalition handeln will: Politiker von CDU und SPD prüfen die Einführung einer Impfpflicht.

„Wir brauchen jetzt eine konzertierte Aktion von Gesundheitspolitikern aller Parteien und von den Ärzteverbänden, um eine große Impfwelle in Gang zu setzen“, sagte SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach. Nötig sei in den nächsten Wochen ein breit angelegter Kraftakt zur Steigerung der Impfbereitschaft. „Wenn das nicht gelingt, muss eine Impfpflicht für Kleinkinder der nächste Schritt sein.“ Gegen Masern, Mumps und Röteln gibt es eine Kombinationsimpfung.

Auch der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn fordert eine härtere Gangart gegen Impfskeptiker unter Eltern und Ärzten: „Wenn wir es nicht schaffen, die Impfraten bald zu steigern, sollten wir über eine Impfpflicht in Kindergärten und Schulen nachdenken.“ Spahn warnte vor Panikmache durch Verweigerer, die eine Impfung für gefährlicher halten als eine natürliche Masern-Infektion. Dass Masern von vielen immer noch als sogenannte Kinderkrankheit abgetan würden, erwecke den falschen Eindruck, die hoch ansteckende Krankheit sei harmlos.

Auch Gesundheitsminister Hermann Gröhe griff die Impfkritiker scharf an: „Die irrationale Angstmacherei mancher Impfgegner ist verantwortungslos“, sagte der CDU-Politiker. „Wer seinem Kind den Impfschutz verweigert, gefährdet nicht nur das eigene Kind, sondern auch andere – das kann zu schweren Gesundheitsschäden führen.“ In Hamburg werden die Pläne der Großen Koalition skeptisch gesehen. Ein „vergleichbares Ausbruchsgeschehen“ wie in Berlin liege in der Hansestadt nicht vor, so die Senatsantwort auf eine Anfrage der CDU-Gesundheitspolitikerin Birgit Stöver. Eine Impfpflicht, heißt es in der Gesundheitsbehörde, sei ein unverhältnismäßig großer Eingriff und praktisch nicht durchführbar. Auch Stöver sieht „keine Notwendigkeit für einen Impfzwang“, kritisiert aber, dass es in den Gesundheitsämtern zu wenig ausgebildetes Personal für den Kampf gegen die Infektionskrankheiten gebe. Der Hamburger SPD-Gesundheitsexperte Martin Schäfer befürwortet zwar eine Impfpflicht – zu befürchten sei aber, dass sie nicht wirkungsvoll umgesetzt werden könne.