Soziale Spaltung: Vor allem ärmere Bevölkerungsschichten enthielten sich ihrer Stimme

Hamburg. Die soziale Spaltung in der Stadt ist die Hauptursache für die niedrige Wahlbeteiligung an der Bürgerschaftswahl. Zu diesem Ergebnis kommt die Bertelsmann Stiftung in einer aktuellen Studie. Die Autoren der Studie sprechen daher davon, dass das Wahlergebnis „sozial nicht repräsentativ“ sei. Von den mehr als 560.000 Wahlberechtigten, die am Sonntag vor einer Woche auf ihre Stimmabgabe verzichteten, kommen danach überproportional viele aus sozial schwachen Milieus. Wie berichtet lag die Wahlbeteiligung bei 56,9 Prozent – so niedrig wie nie zuvor.

Für die aktuelle Wahlanalyse gelte: Je prekärer die soziale Lage eines Stadtviertels, desto weniger Menschen gehen wählen. In den Hamburger Nichtwählerhochburgen wohnen laut Studie fast 36 Mal so viele Haushalte aus sozial schwächeren Milieus, fünf Mal so viele Arbeitslose und doppelt so viele Menschen ohne Schulabschluss wie in den Stadtteilen mit der höchsten Wahlbeteiligung. Besonders niedrig war die Wahlbeteiligung mit jeweils 37,7 Prozent und 38,2 Prozent in Jenfeld und Rothenburgsort. In Jenfeld sei das Bildungsniveau geringer als in den meisten anderen Stadtteilen. Nur jeder sechste Haushalt weise eine Hochschul- oder Fachhochschulreife auf. Ebenso in jedem sechsten Haushalt fehle überhaupt ein Schulabschluss. Während durchschnittlich jeder vierte Hamburger einen akademischen Abschluss vorweisen kann, ist es in Jenfeld nur jeder zehnte.

In den Hamburger Wählerhochburgen dominierten das „konservativ-etablierte“ und das „liberal-intellektuelle“ Milieu. Im Ergebnis der Bürgerschaftswahl seien diese Milieus damit deutlich überrepräsentiert. Dazu gehören etwa Wohldorf-Ohlstedt (76,7 Prozent) oder Groß Flottbek (75,2 Prozent). „Das soziale Umfeld bestimmt die Höhe der Wahlbeteiligung“, sagt Robert Vehrkamp von der Bertelsmann Stiftung. „Ob jemand wählt, hängt stark davon ab, wo und wie er wohnt und ob in seinem unmittelbaren sozialen Umfeld gewählt wird oder nicht.“

Zudem verschärfe das 2011 eingeführte neue Wahlrecht die Ungleichheit. So lag allein der Anteil ungültiger Stimmen in den sozial prekären Nichtwählerhochburgen häufig dreimal höher als in den sozial stärkeren Stadtteilen mit hoher Wahlbeteiligung.