In der Ahmadiyya-Gemeinde in Lokstedt wird eine besondere Form des Islam gelehrt und gelebt.

Hamburg. Nach dem blutigen Anschlag auf „Charlie Hebdo“ hatten viele Muslime die Gewalt verurteilt – doch die Mohammed-Karikaturen in der französischen Satirezeitschrift sehen selbst liberale Muslime kritisch und fühlen sich in ihren Gefühlen verletzt. „Man sollte schon die Menschen hier im Westen davon in Kenntnis setzen, dass wir uns beleidigt fühlen und dass es uns schmerzt“, sagte der Vorsitzende der Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland, Abdullah Wagishauser, der Deutschen Presse-Agentur. „Vor allem, wenn er dann auf wirklich unvorstellbar sexistische Art und Weise in den Schmutz gezogen wird.“

Zugleich warnte Wagishauser vor Hass und Gewalt: „Wir Ahmadi-Muslime plädieren dafür, dass man sich nicht provozieren lässt, sondern dass man angemessen reagiert.“ Man könne mit Argumenten, einem offenen Diskurs oder auch mit Rechtsmitteln gegen Beleidigungen des Propheten vorgehen. Gegen einen Redner auf einer Dresdner Pegida-Kundgebung, der Mohammed als Massenmörder bezeichnet habe, bereite die Ahmadiyya-Gemeinschaft eine Klage vor.

Die um 1900 in Britisch-Indien entstandene Glaubensgemeinschaft betont die Friedfertigkeit und Barmherzigkeit des Islam. „Liebe für alle, Hass für keinen!“ steht als Motto an der Moschee der Ahmadiyya-Gemeinde in Lokstedt. Das Gebäude wurde 1957 errichtet und ist nach Angaben ihres Pressesprechers Fazal Ahmad der älteste Moschee-Neubau seit dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland. In Hamburg bekennen sich knapp 3000 Menschen – viele pakistanischer Herkunft – zu der Ahmadi-Gemeinschaft, in ganz Deutschland sind es rund 35.000. Weltweites Oberhaupt ist ein „Kalif“, der in London residiert.

In manchen islamischen Ländern wie Pakistan werden die Mitglieder der Ahmadiyya Muslim Jamaat selbst verfolgt. Auch in Hamburg werden sie von anderen islamischen Gemeinschaften nicht als vollwertig anerkannt. Seit der Gründung von runden Tischen und der Islamkonferenz gebe es jedoch ein sehr faires und vernünftiges Miteinander, sagte Wagishauser.

Seine Gemeinschaft bemühe sich, junge Muslime von einer Radikalisierung abzuhalten. Innerhalb der eigenen Gemeinde gebe es dabei keine Probleme. „Unsere Jugendlichen kriegen die Friedfertigkeit mit der Muttermilch eingeträufelt. Die wachsen einfach in einer friedfertigen Atmosphäre auf“, versichert der Vorsitzende. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts könne sie Jugendliche auch über den Islamunterricht an Schulen erreichen. Die Hamburger Gemeinde kooperiert zudem mit dem Verein „Bildung gegen Kriminalität“, der Nachhilfe für Schüler anbietet.

Tatsächlich ist die Radikalisierung junger Muslime nicht nur in Frankreich und Dänemark ein Problem. Der Verfassungsschutz rechnet in Hamburg rund 400 Personen zur salafistischen Szene. 240 von ihnen hätten eine Tendenz zum bewaffneten Dschihad (Heiliger Krieg), das heißt, sie unterstützen zum Beispiel die Terrorbewegung Islamischer Staat in Syrien und im Irak. Die Verfassungsschützer haben bislang 50 Personen gezählt, die in diese beiden arabischen Länder gereist sind, entweder um sich dem Kampf anzuschließen oder um Spenden zu überbringen. Etwa ein Drittel von ihnen sei nach Hamburg zurückgekehrt, so Verfassungsschutz-Sprecher Marco Haase.