Keine Einigung im Streit um Bebauungspläne für Rissener Feldmark. Landwirte fordern Gespräche auf Augenhöhe

Sülldorf. Der Streit um die Sülldorf/Rissener Feldmark geht weiter. Auch die zweite Sitzung des runden Tisches hat die Auseinandersetzung zwischen Sülldorfer Bauern, Bezirksverwaltung und Naturschutzbund Deutschland (Nabu) nicht entspannt. Die Bauern sprachen von einer Alibi-Veranstaltung, fühlen sich in ihren Rechten beschnitten und vom Bezirksamt „vorgeführt“. Sie sehen in den geplanten neuen Bebauungsplänen Rissen 44, Sülldorf 18 und Iserbrook 26 eine Kampfansage an die Landwirtschaft.

Per Einschreiben protestierte ein Teilnehmer auf Bauernseite gegen die seiner Meinung nach parteiische Moderatorin. Dem Juristen der Bauern sei es untersagt worden, die rechtlichen Bedenken der Bauern gegen das geplante Bauverbot außerhalb von Siedlungsgebieten vorzutragen. Die Moderatorin war zur Schlichtung eingesetzt worden, nachdem auch aus der SPD-Bürgerschaftsfraktion herbe Kritik am Bezirksamt und dessen enger Orientierung am Nabu laut geworden war.

Das Bezirksamt wollte sich zum Streit nicht äußern. Der Nabu-Vertreter am Runden Tisch, Christian Gerbich, sprach von einer „grundsätzlichen Entscheidung" über die Ausrichtung der Gespräche: „Wenn man inhaltlich miteinander reden will, können die rechtlichen Fragen später immer noch geltend gemacht werden. Und sein Eingangsstatement konnte der Anwalt ja vollständig abgeben.“

Die SPD-Abgeordnete Andrea Rugbarth forderte, die „berechtigten Interessen der Landwirte aufzunehmen“. Das sehe auch das von ihr initiierte und einstimmig verabschiedete agrarpolitische Konzept des Senats vor. Für die Bauern gehe es um „Sein oder Nichtsein“. Ein Gutachten der Wirtschaftsbehörde hatte festgestellt, dass 16 der 18 Betriebe in der Sülldorf-Rissener Feldmark in ihrer Existenz gefährdet seien, wenn die Bebauungspläne festgestellt werden. Die Nabu-Vertreter hatte das nicht beeindruckt, sie verwiesen auf den ihrer Meinung nach parteiischen Absender des Papiers. Das Bezirksamt reagierte indifferent auf die ablehnende Stellungnahme aus der Wirtschaftsbehörde. Die Planungshoheit liegt in Altona.

Die drei vom Bezirk forcierten Bebauungspläne sollen für etwa 520 Hektar landwirtschaftliche Fläche gelten. Sie sehen Einschränkungen des Baurechts vor: So sollen Bauflächen festgelegt werden, die sich eng auf die Hofstellen beschränken. Derzeit sind Erweiterungsbauten oder neue Ställe auch außerhalb der Hofstellen möglich. Zudem sehen die Pläne für 310 Hektar städtisches Pachtland und Privatflächen nur extensive Nutzung vor mit später Mahd, kaum Beweidung und weniger Düngung. Derzeit werden sie von den Bauern uneingeschränkt als Weideland genutzt, sollen aber künftig „Ausgleichsflächen“ für Neubauten und Nachverdichtungen in Altona werden. Zudem wären Nutzungsänderungen ausgeschlossen. Höfe dürften dann keine Gastronomie betreiben, nicht an Läden oder Handwerker untervermieten und keine Touristen beherbergen.

Die Bauern fordern die Einarbeitung der wirtschaftsbehördlichen Stellungnahme in die Planentwürfe. Das sei bisher nicht einmal im Ansatz geschehen. Außerdem wehren sie sich gegen die massiven Flächenverluste durch die Ausweisung von Ausgleichsflächen und monieren veraltete Gutachten im seit gut zehn Jahren laufenden Verfahren.

Den runden Tisch platzen lassen wollen die Landwirte aber nicht. „Die Gespräche sind alternativlos“, sagte Hamburgs Bauernpräsident Heinz Behrmann, „auch wenn wir hier nur über Kleinigkeiten reden dürfen und die wichtigen Fragen offenbar außen vor bleiben sollen.“ Die Landwirte Sülldorfs wollten ihre „Heimat mitgestalten“. Die Naturschützer sehen intensive Landwirtschaft und den Trend zur Pferdewirtschaft als Hauptursachen für einen Artenschwund in der Feldmark. Sie werfen den Bauern eine „nicht fachgerechte“ Landschaftspflege vor. Dies ist allerdings umstritten. Zwar haben sich laut Gutachten die Bestände von Kiebitz, Wacholderdrossel und Bekassine negativ entwickelt, aber es gibt mehr Gelbspötter, Grauschnäpper und Neuntöter. Auch könne man nicht nur die Landwirtschaft als Ursache für die Bestandsrückgänge ausmachen, weil der schwache Bruterfolg auch auf Füchse, Greifvögel, Dachse und Marder zurückgeführt werden könnte.