Hamburger Olympiastarter erinnern sich Nina Ritter, seit heute 34, spielte mit den Eishockeyfrauen in Salt Lake City und Turin

Wenn ich heute vor dem Fernseher sitze und Olympische Spiele verfolge, dann kann es schon passieren, dass ich sentimental werde. Denn dann kommen die Erinnerungen an meine Teilnahmen 2002 in Salt Lake City und 2006 in Turin wieder zurück, und ich kann nachfühlen, wie es den Sportlern geht. Dass sie nicht nur mit ihren Wettkämpfen zu tun haben, sondern auch mit dem ganzen Drumherum, das Olympische Spiele zu dem ganz besonderen Höhepunkt macht, der sie sind.

An das Gefühl in dem Moment, als meine erste Olympiateilnahme feststand, kann ich mich nicht genau erinnern, und das hat einen simplen Grund: Es gab diesen Moment nicht. Als Mannschaft hatten wir deutschen Eishockeyfrauen uns bereits im Februar 2001 im schweizerischen Engelberg für Salt Lake City qualifiziert. Allerdings stand bis zwei Wochen vor Abflug nicht fest, welche Spielerinnen es in den Kader schaffen würden. Bundestrainer Rainer Nittel hatte mir jedoch über das gesamte Jahr der Vorbereitung hinweg Hinweise gegeben, dass er auf mich setzt, deshalb war meine endgültige Nominierung zwar eine Erleichterung, aber nichts, was Euphorie auslöste.

Ich bin allerdings grundsätzlich ein Mensch, der selten Emotionen nach außen kehrt, ich bewahre meist Ruhe und kann mich gut auf meine sportlichen Aufgaben fokussieren. Deshalb hatte ich auch keine großen Probleme mit Lampenfieber. Viele Athleten sagen, dass ihre ersten Spiele wie ein Film an ihnen vorbeigezogen sind. Das war bei mir nicht so, ich habe alles bewusst wahrgenommen. Und darüber bin ich froh, denn die Erfahrungen waren für uns sehr intensiv. In den USA hat Frauen-Eishockey einen hohen Stellenwert, unsere Spiele waren fast immer ausverkauft, die Atmosphäre war großartig. Das galt überhaupt für die gesamten Spiele. Salt Lake City ist eine kleine Stadt, entsprechend viel Anteil haben die Bürger an den Wettkämpfen genommen. Jeder Sportler wurde wie ein kleiner Star behandelt, wir bekamen sehr viel Aufmerksamkeit, obwohl wir in der Vorrunde nur einen Punkt holten und am Ende Sechster wurden. In dieser Form habe ich das nirgendwo anders erlebt, Salt Lake City war der Höhepunkt meiner Karriere.

In Turin vier Jahre später war das etwas anders. Italiener sind sicherlich nicht die größten Fans des Frauen-Eishockeys, und auch sonst merkte man deutlich, dass das Interesse der Bevölkerung an den Winterspielen längst nicht so hoch war wie das der Menschen in den USA. Aber dennoch waren auch die Spiele 2006, die wir nach einem 5:2-Sieg ausgerechnet gegen Italien auf Rang fünf beendeten, eine sehr intensive Erfahrung für mich. Besonders gefreut hat mich, dass meine Mutter und meine Schwester einige Spiele live sehen konnten, nachdem die aufwendige Reise nach Salt Lake City nicht möglich gewesen war. Das hat den Spielen eine sehr persönliche Note gegeben.

Ich habe bei beiden Teilnahmen versucht, möglichst viel von der Atmosphäre im olympischen Dorf zu erleben und auch andere Sportarten zu schauen. In den USA durften wir zu allen Eishockeyspielen der Männer, bei den anderen Events musste man sich Karten aus einem limitierten Kontingent besorgen. Immerhin war ich beim Shorttrack, vor allem die Siegerehrung dort hat mich sehr bewegt, weil man hinter die Kulissen blickt, die man sonst im Fernsehen vorgesetzt bekommt.

Ich habe meine internationale Karriere nach der WM 2008 beendet. Ich bin sehr dankbar für die Erfahrungen, die ich im Nationalteam machen durfte, weil ich vorm Fernseher immer wieder spüre, was sie mir bedeuten.