Die Olympiamannschaft der Stadt startet in die Qualifikation für die Spiele in Brasilien. Die Unterstützung aus der Wirtschaft wächst

Hamburg. Es überrascht nicht, dass Hamburgs Spitzensportler Feuer und Flamme für Spiele an Elbe und Alster sind. „Auch wenn ich 2024 nicht mehr dabei sein werde, aber Olympia vor der Haustür, wo Familie, Freunde und Bekannte hautnah die Faszination der Spiele miterleben können, dieser Gedanke begeistert mich“, sagt Rollstuhlbasketballerin Gesche Schünemann, 32, Paralympicssiegerin 2012 in London. Doch auch Olympioniken denken von Spiel(en) zu Spiel(en), und so gilt Schünemanns Konzentration derzeit nur dem nächsten Höhepunkt ihrer Karriere: Olympia 2016 in Rio.

561 Tage sind es bis zur Eröffnungsfeier am 5. August 2016 in der brasilianischen Metropole, und am Mittwoch gab das Team Hamburg in der Asklepios Klinik St. Georg den offiziellen Startschuss für die Olympia-Qualifikationen, die in vielen Sportarten schon in diesem Jahr anstehen. Die Beachvolleyballer mit dem HSV-Duo Laura Ludwig/Kira Walkenhorst baggern von April an auf der Welttour um Punkte für Rio, die deutschen Hockeyherren, Olympiasieger von London 2012, können sich vom 3. bis 14. Juni in Buenos Aires (Argentinien) beim Halbfinale der World Hockey League bereits direkt qualifizieren, die Hockeydamen vom 10. bis 21. Juni im spanischen Valencia.

Olympische Spiele genießen weltweite mediale Aufmerksamkeit, die meisten olympischen Sportarten wiederum müssen in den vier Jahren zwischen den Spielen sogar national um angemessene Beachtung kämpfen. Entsprechend dürftig fällt vielerorts die finanzielle Unterstützung der Athleten aus, die oft neben Studium, Ausbildung oder Arbeit das Trainingsprogramm eines Vollprofis absolvieren müssen. Zehn bis 14 Übungseinheiten in der Woche sind die Regel, um in der Weltspitze mithalten zu können.

Um den Sportlern eine gewisse materielle Absicherung zu gewähren, wurde vor elf Jahren das Team Hamburg gegründet. 42 Olympiakandidaten sind jetzt für Rio de Janeiro in die Förderkategorie eins aufgenommen worden. Sie werden mit 450 Euro netto im Monat unterstützt. Die 22 Athleten der zweiten Kategorie, eher Kandidaten für die Sommerspiele 2020 in Tokio, erhalten 200 Euro pro Monat. Die gesamte Förderung summiert sich in diesem Jahr auf 279.600 Euro.

Hauptgeldgeber und Gründer des Teams sind die Stadt Hamburg, die Handelskammer über die Stiftung Leistungssport, der Hamburger Sportbund (HSB) und – neu dabei – die Otto Group (Versandhandel) sowie die Asklepios Kliniken. Sie zahlen jeweils 50.000 Euro. Insgesamt 14 Partner stehen der Hamburger Olympiamannschaft inzwischen zur Seite, und die Bereitschaft zur Hilfe in der Wirtschaft wächst.

Wer im nächsten Jahr noch Olympiakandidat ist, wird in jedem Fall bis zum Oktober 2016 alimentiert. In der Vergangenheit wurde die Förderung jäh gestoppt, hatte der Sportler die Qualifikation verpasst. „Auf dem Weg zu Olympia haben die Sportler viele persönliche Opfer gebracht, Studium oder Ausbildung hintenangestellt. Sie haben es verdient, dass ihnen eine Zeit des Übergangs gewährt wird“, sagt Diplom-Kaufmann David Klemperer, 34, bei der Agentur Sportfive Projektleiter des Teams Hamburg. Klemperer, Olympiafünfter 2008 in Peking, weiß, wovon er spricht. 2012 war der Beachvolleyballer vorzeitig aus der Förderung gefallen, obwohl er sich mit seinem Partner Eric Koreng bis kurz vor den Spielen noch für London hätte qualifizieren können.

Hockey-Nationalstürmer Christopher Rühr ist ein Neuling im Team Hamburg. Der 21-Jährige, der im Sommer 2014 von Uhlenhorst Mülheim zum Club an der Alster wechselte, ist von der Förderung begeistert. „Im Westen gibt es nichts Vergleichbares. Natürlich ist der Zusammenhalt durch die räumliche Nähe einfacher aufzubauen, aber es ist beeindruckend, wie eng hier alle zusammenstehen und sich gemeinsam für das Ziel Olympia einsetzen“, sagt er.

Auch die Stimmung in der Stadt hinsichtlich der Bewerbung um die Ausrichtung der Sommerspiele 2024 oder 2028 empfindet Rühr als außergewöhnlich: „Ich glaube, dass Hamburg ein großartiger Ausrichter wäre, weil jeder, der die Stadt besucht, sofort begeistert ist vom Flair und der Atmosphäre hier. Und wenn ich sehe, wie viele Menschen das Thema derzeit bewegt, dann glaube ich fest daran, dass sich die nötige Mehrheit findet, um sich gegenüber Berlin zu behaupten.“

Neben der Vorbereitung auf die Spiele 2016 kommt dem Team Hamburg in diesen Wochen auch die Aufgabe zu, die Kampagne der Stadt zu befeuern. Ruder-Olympiasieger Eric Johannesen, der 2012 in London mit dem Deutschland-Achter Gold gewann, sieht vor allem in der umfassenden Information der Bürger die größte Herausforderung auf dem Weg zu einer erfolgreichen Kandidatur.

„In meinem sportlichen Umfeld sind natürlich alle für Olympia in Hamburg. Aber ich erlebe schon in meinem beruflichen Umfeld, dass die Menschen viele Dinge nicht einschätzen können. Deshalb ist es wichtig, immer wieder über das Thema zu informieren“, sagt der 26-Jährige vom RC Bergedorf, der während seiner dualen Ausbildung beim Versicherungsmakler Georg Duncker arbeitet. Dort versuche er in vielen Gesprächen, seinen Kollegen vor allem in der Diskussion um die Finanzierung der Spiele die Sachlage zu erläutern. „Viele denken, dass man die Milliarden, die Olympia kostet, lieber in andere Dinge investieren sollte. Aber dass Hamburg dieses Geld nur zweckgebunden für Olympische Spiele erhielte, wissen die meisten bislang nicht.“