Touristische Unternehmen könnten während der Spiele in Hamburg Kreuzfahrtschiffe chartern und dort Gäste unterbringen. Athen hat es 2004 vorgemacht.

Wasser. Viel Wasser. Das nasse Element ist Hamburgs großer Pluspunkt. Alster und Elbe, dazu ein Hafen in Betrieb mitten in der Stadt. Das größte Containerschiff der Welt am Kai, Autofrachter, Barkassen, Kümos, Ausflugsdampfer, Hafenfähren. Und natürlich Kreuzfahrtschiffe. Immer mehr Reedereien beginnen ihre Touren in Hamburg oder beenden sie hier. In diesem Jahr machen 34 Schiffe von 22 Reedereien 164 Mal in Hamburg fest und bringen mehr als 500.000 Passagiere in die Stadt. Kein Wunder also, dass auch Kreuzfahrtschiffe im Olympia-Konzept der Hansestadt eine wichtige Rolle spielen.

Aber nicht nur als Reisevehikel, sondern vor allem als Hotelschiffe, um Gäste während der Olympischen Spiele in der Hansestadt unterzubringen. „Vier bis sechs Schiffe für jeweils 3000 bis 4000 Gäste müssten in einem Hafenbecken positioniert werden, wo sie den laufenden Betrieb nicht stören und trotzdem einen attraktiven Liegeplatz haben“ sagt Jens-Joachim Brösel. Der Hamburger hat jahrelang Olympische Spiele und Tourismus zusammengebracht. „Gleichzeitig muss man die Passagiere zügig von Bord bekommen und in der Stadt zu den Sportstätten und Sehenswürdigkeiten bewegen. Das ist eine große logistische und verkehrsplanerische Aufgabe.“

Hamburg soll sein maritimes Flair in den Vordergrund stellen

Brösel rechnet vor: „Die Spiele dauern mit Vor- und Nachlauf drei Wochen. Dann ist eine kurze Pause, bevor die Paralympics beginnen und neun Tage dauern.“ Touristische Unternehmen müssten die Schiffe chartern und die Kabinen dann wie Hotelzimmer vermieten.

„Hamburg muss mit dem Pfund Elbe und Hafen wuchern und sein maritimes Flair in den Vordergrund stellen“, sagt der Olympia-Experte. Darum gehe es vor allem bei den schwimmenden Unterkünften. „Zusätzlich Betten braucht Hamburg eher nicht, da sind die Stadt und das Umland schon jetzt gut aufgestellt.“

Deshalb könne und müsse in der Hansestadt auch das normale Hafengeschäft mit Frachtern und Kreuzfahrtschiffen weitergehen. „Cruises können in Hamburg beginnen oder enden“, sagt Brösel. „Im Sommer sind viele Schiffe auf der Route Richtung Norwegen oder auf der Ostseerunde unterwegs. Da passt Hamburg perfekt in den Fahrplan, um dann noch ein paar Tage hier bei den Olympischen Sommerspielen zu verbringen.“ Und auch in Kiel oder Lübeck, wo die olympischen Segelwettbewerbe stattfinden sollen, wenn die Spiele nach Hamburg gehen, könnten Schiffe als Unterkünfte herhalten oder auf ihren Touren anlegen.

Während der Wettkämpfe in Rio de Janeiro vom 5. bis 21. August 2016 werden Kreuzfahrtschiffe nicht als Unterkünfte dienen. „Zu dieser Zeit liegt die brasilianische Metropole nicht auf der Route von Kreuzfahrern“, sagt Jens-Joachim Brösel. „Deshalb sind die Charterraten viel zu hoch, wenn ein Unternehmen Schiffe nach Rio bringen würde, um sie dann als schwimmende Hotels einzusetzen.“

Dass Kreuzfahrtschiffe für Besucher der Spiele zur Heimat auf Zeit werden, hat 2004 in Athen begonnen. „Das war der Durchbruch“, erinnert sich Brösel. Vier Jahre zuvor im australischen Sydney spielten Schiffe keine Rolle, 1996 in Atlanta war die nächstgelegene Hafenstadt Savannah, wo die Segelwettbewerbe ausgetragen wurden, mehr als 400 Kilometer entfernt. Und in Barcelona 1992 lagen laut Brösel auch nur zwei Kreuzfahrer.

Also Athen. Zehn Schiffe lagen damals in Piräus, dem Hafen der Stadt, darunter die Aida Aura und die Queen Mary. „Die Schiffe boten 15.000 Betten und waren dringend notwendig“, so der Hamburger Experte. „In ganz Athen gab es nur 20.000 Hotelbetten, das war viel zu wenig.“ Der griechische Hafen lag im August auf jeder Kreuzfahrtroute im östlichen Mittelmeer, so dass die Reedereien keine Leerstrecken fahren mussten. Die Aida Aura fuhr von Kreta nach Piräus, an Bord Olympiasieger von früheren Spielen. Und die ARD übertrug regelmäßig eine Olympia-Sendung mit Reinhold Beckmann von Bord.

In London 2012 waren Betten auf der Themse kein Thema, die britische Hauptstadt ist mit Hotels und Unterkünften aller Art gut bestückt. Die MS Deutschland, das ZDF-„Traumschiff“, hatte gleichwohl in den Docklands festgemacht, von Bord bot sich ein beeindruckender Blick über die Skyline der Stadt. Berlin nutzte das Schiff als offizielle Repräsentanz und veranstaltete dort allabendlich seinen „Champions Club“ mit Sportlern aus der deutschen Hauptstadt. Außerdem fanden auf der Deutschland Empfänge der Sponsoren und der Olympia-Funktionäre statt.

Hamburg sollte sich nicht immer so „hanseatisch dezent“ verhalten

Jens-Joachim Brösel hat seit 1968, als er in Mexiko City lebte, alle Olympischen Spiele miterlebt und kann alle Gastgeberstädte bestens miteinander vergleichen. „Es wäre gut, wenn Hamburg jetzt mal etwas lauter wird und sich nicht immer so hanseatisch dezent verhält“, sagt der Experte. „Es muss ja nicht gleich Karneval sein.“ Hier gebe es Wasser und Grün, einen funktionierenden Hafen, ein schönes Umland für Ausflüge, nette Menschen, viel Kunst und Kultur. „Wir sind freundliche und herzliche Gastgeber.“

Die Wettbewerbe an der Elbe seien dann wie „drei Wochen Hafengeburtstag“. Die Besucher wollten nicht nur Sport, so Brösels Erfahrungen, sondern auch Musik und Kultur. „Aber nicht nur Musicals, sondern Weltstars, deren Auftritte beim Public Viewing zu verfolgen sind.“ Und das natürlich am Wasser, Hamburgs großem Pluspunkt.