Eine Glosse von Alexander Schuller

Der Süßwarenkorridor vor der Supermarktkasse – auch „Quengelware“ – genannt, soll nach Plänen der Europäischen Kommission bald der Vergangenheit angehören. Denn Kunden wollen entspannt einkaufen, was in Anwesenheit von überforderten Müttern, Vätern, Eltern und deren zweijährigen, brüllenden, strampelnden, wimmernden, verrotzten Weingummijunkies auf kaltem Entzug grundsätzlich nicht möglich ist.

Darüber hinaus haben die Parlamentarier herausgefunden, dass Süßigkeiten Zucker enthalten und dass dieser Teufelsstoff sogar zu 100 Prozent aus Zucker besteht, der dick machen kann. Bisweilen vermutlich auch doof. Doch sollten die Feldversuche der Unternehmen erfolgreich verlaufen, können wir sicher schon bald mit einer weiteren der vielen europaweiten Regelungen rechnen, die uns bereits jetzt schon vorschreiben, wie wir unser Leben richtig, also gesund, energiesparend und überhaupt gesellschaftskompatibel zu führen haben.

Landauf, landab wird die süßwarenfreie Kasse von Gesundheitsexperten, Ernährungswissenschaftlern und den stets um unser Wohl besorgten Politikern bejubelt. Aber könnte es sein, dass die als Kinder zu viel genascht haben? Mal abgesehen davon, dass sich stolze Eltern doch eigentlich erbärmlich fühlen müssten, wenn man ihnen die leichteste aller erzieherischen Übungen – das beherzte „Nein!“ – abnimmt, werden sich die Schlangen vor den quengelfreien Kassen garantiert bis mindestens zurück in die Süßwarenabteilung stauen, was das Problem nur verlagert. Und werden sich Mütter, Väter, Eltern aus Zeitgründen deshalb wieder an den herkömmlichen Kassen anstellen. Was das Problem ebenfalls nur verlagert.

Richtiger wäre es, wenn Süßwaren in Supermärkten daher zukünftig ausschließlich in einem für Minderjährige unzugänglichen, nicht einsehbaren Bereich („Zutritt ab 18 Jahren!“) angeboten werden. Oder man nimmt sie gleich ganz vom Markt und ersetzt sie durch leckere Rohkost mit Dip.