Ministerpräsidenten einigen sich mit Kanzlerin Merkel auf gerechte Verteilung auf die Bundesländer. Erneuter Zwischenfall in Billstedter Unterkunft

Alsterdorf. Auf Hamburg und andere Großstädte könnte demnächst eine Entlastung bei der Aufnahme von Flüchtlingen zukommen. Bei einem Treffen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat man sich auf zwei wesentliche Punkte verständigt: Es soll ein Gesetzentwurf erarbeitet werden, wonach Bundesländer einen Teil der ihnen zugewiesenen Flüchtlinge auch in anderen Bundesländern unterbringen können. Und zum zweiten soll es „zeitnah einen Gesetzesentwurf“ geben, um auch minderjährige unbegleitete Flüchtlinge anders verteilen zu können.

Für beide Punkte hatte sich Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) starkgemacht. Stadtstaaten stehen vor dem Problem, geeignete Flächen für die Unterbringung von Flüchtlingen zu finden. Außerdem üben gerade Großstädte eine große Anziehungskraft auf junge Flüchtlinge aus. Deren Zahl steigt allein in Hamburg stetig an. 2012 kamen noch 405 Minderjährige in die Hansestadt, 2013 waren es 489 und bis Anfang November dieses Jahres waren es schon 589. Das Flächenland Thüringen zählte im Jahr 2013 dagegen nur einen einzigen minderjährigen unbegleiteten Flüchtling.

Neben den Kosten für die Unterbringung – allein Hamburg zahlt einen zweistelligen Millionenbetrag im Jahr – gibt es bei einem Teil der Gruppe auch weitere Herausforderungen: Es werden vermehrt Straftaten verzeichnet. Wie berichtet, ist es vor gut einer Woche in der Unterkunft an der Feuerbergstraße zu einem schweren Zwischenfall gekommen. Bei der Auseinandersetzung bedrohten junge Männer das Personal sowie Polizisten mit Messern, Rasierklingen und Stöcken.

Ein 17-Jähriger soll einen Polizisten auf der Wache verletzt haben

Auch an diesem Wochenende kam es zu einer weiteren Auseinandersetzung. In der Unterkunft am Billwerder Billdeich gingen Jugendliche aus Algerien und Ägypten aufeinander los. Ein 17-Jähriger bedrohte einschreitende Polizisten. Der Jugendliche wurde in Gewahrsam genommen. Später wurde in der Polizeiwache Bergedorf ein Beamter von einem 17-Jährigen leicht verletzt. „Was wir bislang erlebt haben, ist weit weg von jeglicher Norm. Die Zahl der Intensivtäter unter den jungen Flüchtlingen liegt weit über dem Durchschnitt“, sagt Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Das Konzept für den Umgang mit minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen sei „vollkommen aus dem Ruder gelaufen“. Lenders: „Die zuständigen Institutionen haben versagt und stehen vor einer mit den bisherigen Mitteln unlösbaren Situation.“

Der CDU-Innenpolitiker Kai Voet van Vormizeele warnt davor, dass in dieser „aufgeheizten Debatte bewusst falsch interpretiert" werde. „Aber es gehört auch Ehrlichkeit dazu. Einem Teil dieser Gruppe kann man nicht mit Maßnahmen aus der Flüchtlingshilfe beikommen.“ Vormizeele fordert daher mehr sozialpädagogisches Personal. „Der Staat muss das Aufenthaltsbestimmungsrecht für diese Kinder und Jugendlichen wahrnehmen können.“ Ksenija Bekeris (SPD), sagt, dass es unter den minderjährigen Flüchtlingen einige wenige gebe, welche die Stadt vor große Herausforderungen stellten. „Hier ist eine ganz engmaschige Begleitung nötig. Klar ist aber auch: Straftaten werden konsequent verfolgt.“

Auch die Grünen-Innenexpertin Antje Möller sagt, dass es für die Übergriffe keine Toleranz geben könne. Sie fordert eine klügere Unterbringung der Jugendlichen, bei der eine Gruppenbildung verhindert werde.

Und zu den Gesetzesentwürfen im Bund befindet Antje Möller: „Wenn die Betreuung in Flächenländern schlechter ist als in den Städten, dann nutzt einem auch der Platz nichts, den die Länder haben.“