Eine Glosse von Nico Binde

Die gute Nachricht zuerst: Wir haben es fast geschafft, dieses Supergedenkjahr 2014. Die Intervalle, in denen uns Dokumentationen mit historisch bedeutsamen Ereignissen überversorgen, werden absehbar länger, das kollektive Gedächtnis kann mal wieder Pause machen. Am Ende kam man ja sowieso kaum noch hinterher vor lauter Erinnerungsverpflichtungen. 300Jahre Spanischer Erbfolgekrieg, 200 Jahre Wiener Kongress, 100 Jahre Erster Weltkrieg, 75 Jahre Zweiter Weltkrieg, 25 Jahre Mauerfall, 13 Jahre Susi und Peter, zehn Jahre Übereinkommen zum Schutz der Albatrosse und Sturmvögel. Irgendwer gedachte irgendwo immer irgendwelcher Sachen.

Doch in all dem Gedenktagestress – und nun kommt die schlechte Nachricht – hat niemand an 70 Jahre Uraufführung von „Große Freiheit Nr. 7“ gedacht. Dass die melancholische Hamburg-Hommage am 15. Dezember 1944, also exakt vor 70 Jahren, in Prag Premiere feiern musste, weil Propagandaminister Joseph Goebbels den Film mangels Linientreue verbannt hatte, ist irgendwie allen durchgerutscht. Jeder kennt „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“, aber keiner ruft zum Gedenken auf, kein Fernsehsender zeigt den Streifen. Mit anderen Worten: Skandal!

Deshalb nehmen wir uns die große Freiheit, den ignoranten Umgang mit diesem Klassiker anzuprangern. Denn während Songs wie „Last Christmas“ (Premiere: 15. Dezember 1984) die Menschheit seit 30Jahren wiederkehrend geißeln dürfen, ist „Große Freiheit Nr. 7“ viel zu selten im Programm. Bis zum 100. Jahrestag 2044 muss das anders werden. Dringend.