Bürgerschaft soll Gesetz noch 2014 beschließen. Krankenhäuser fühlen sich gegängelt

Hamburg. In Hamburg kommt es zu einer stillen Revolution im Gesundheitswesen. Erstmals soll die medizinische Qualität darüber entscheiden, welche Klinik welche Behandlung anbieten darf. Das wird die Kliniklandschaft erheblich durcheinanderwirbeln. In einem zweiten Schritt wird künftig – wie auf Bundesebene – die Qualität von Operationen und Therapien mitentscheidend sein für die Bezahlung.

Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) will den Entwurf des Krankenhausgesetzes noch im Dezember durch die Bürgerschaft bringen. Ein ambitionierter Plan, denn es gibt von Krankenhäusern und Experten heftige Kritik. „Es geht um höhere Qualität und mehr Transparenz“, sagte die Senatorin dem Abendblatt. Im Gesundheitsausschuss nannte sie die Versorgung in Hamburg „gut, aber nicht überall einheitlich“. Betten sollen nicht abgebaut werden. Es gehe darum, den Standard der ärztlichen Fachgesellschaften überall zu garantieren. „Qualität bedeutet nicht, dass man in einem bestimmten Bereich nur gelegentlich operiert. Wir müssen schwarze Schafe ausschließen. Es geht um Leib und Leben.“

Die Hamburger Krankenhäuser wollen sich dem Qualitätswettbewerb stellen. Doch das Gesetz habe erhebliche Mängel, sei praxisfern und sorge für hohe Kosten. „Es kann nicht sein, dass in Bundesländern Gesetze verabschiedet werden, bei denen die Krankenhäuser am Ende auf ihren Kosten sitzen bleiben“, sagte Christoph Mahnke (Asklepios), Vorsitzender der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft. Alle Kliniken sind über die Senatorin verschnupft, weil sie nicht rechtzeitig eingebunden worden seien, sagten mehrere Klinikmanager dem Abendblatt.

Mahnke sagte im Gesundheitsausschuss: „Qualitätsanforderungen, die uns verpflichten, eine bestimmte Ausstattung an Personal, Geräten oder Räumen vorzuhalten, verursachen in erheblichem Umfang zusätzliche Kosten. Wenn dies nur von den Hamburger Krankenhäusern gefordert wird, stellt dies einen Standortnachteil dar, der die wirtschaftliche Situation deutlich verschlechtert.“ In den hiesigen Kliniken kommt jeder dritte Patient aus dem Umland. Hamburg gilt als die Gesundheitsmetropole für ganz Norddeutschland. Die Krankenhäuser fürchten um Wachstum und Arbeitsplätze. Prüfer-Storcks sagte, künftig könne es sein, dass Abteilungen schließen müssen. Bei den „qualitätssensiblen Bereichen“ gehe es zunächst um Notfälle, Gefäßmedizin und die Neurochirurgie. Eine AOK-Untersuchung („Navigator“) hatte zuletzt ergeben, dass Hamburger Häuser bundesweit überdurchschnittliche Qualität liefern.

Nach dem neuen Gesetz sollen Krankenhäuser, Krankenkassen und die Gesundheitsbehörde in Zukunft festlegen, in welchen Bereichen die sogenannten Qualitätsmaßstäbe angelegt werden. Wenn sie sich nicht einigen, entscheidet der Senat. Bislang war das System auf Zustimmung aller und auf Kompromisse ausgelegt. Die Krankenhäuser fühlen sich jetzt gegängelt.

Ein eigener Qualitätsbeauftragter soll in jedem Haus eine herausragende Position bekommen. Im Gesundheitsausschuss beschwerte sich Günther van Dyk aus der Ärztekammer über schwammige Formulierungen im Gesetzestext: „Der Qualitätsbeauftragte kann demnach auch der Gärtner sein.“