Als die Jugendrichterin Kathrin Sachse, 39, mal wieder über Diebstahls- und Gewaltdelikte von Jugendlichen verhandelte, saß im Auditorium ein kleines Mädchen. Die zwölf Jahre alte Schülerin Ceren absolvierte im Amtsgericht Harburg ein Tagespraktikum. Die Juristin kennt die türkischstämmige Hamburgerin seit drei Jahren und hat den Besuch am Arbeitsplatz ermöglicht.

Kathrin Sachse ist nicht nur Richterin, sondern Cerens Mentorin. Die frühere Sprecherin der Justizbehörde und künftige Richterin in der Großen Strafkammer I des Landgerichts engagiert sich für den neuen Verein „Zeit für Zukunft“. Er betreut Kinder und Jugendliche in schwierigen Situationen. Die gebürtige Düsseldorferin, die selbst keine Kinder hat, schenkt der kleinen Ceren vor allem ihre Zeit. So besuchte sie mit ihrem Patenkind eine Bücherhalle – mit verblüffender Wirkung.

Denn seitdem begeistert sich die Zwölfjährige für Bücher. „Mit dem Mentoringprogramm können wir die Entwicklung von Kindern beeinflussen“, sagt die Richterin. „In meinem Beruf dagegen kommen wir oft zu spät und können in vielen Fällen keine Veränderung bewirken.“ Kathrin Sachse möchte Ceren für Bildung und für Hamburg begeistern. „Und ich möchte ihr ein Vorbild sein.“ Was sich offenbar schon jetzt abzeichnet: „Ceren“, sagt Kathrin Sachse schmunzelnd, „will nicht nur Kinderärztin, sondern neuerdings auch Richterin werden.“