CDU kritisiert den Facebook-Auftritt von Bürgermeister Scholz und Christoph Holstein

Hamburg. Die CDU hat Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und seinem Senatssprecher Christoph Holstein (SPD) vorgeworfen, im sozialen Netzwerk Facebook die Regierungs- und Parteiarbeit nicht deutlich von privaten Äußerungen zu trennen. „Beim Bürgermeister und seinem Senatssprecher wird auf Facebook oft nicht klar, wer dort eigentlich spricht: der Bürgermeister, der SPD-Landesvorsitzende, der Senatssprecher oder der Privatmann“, sagte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Robert Heinemann. „Das verstößt nicht nur klar gegen die eigenen Richtlinien der Stadt, sondern birgt auch die Gefahr, dass hier Wahlkampf durch staatliche Stellen gemacht wird.“

Heinemann hat zu dem Thema eine Kleine Anfrage an den Senat gerichtet. „Ich glaube, dass in sozialen Medien Rollenklarheit und Transparenz wichtiger sind denn je.“ Es dürfe im Internet nicht zwei Klassen von städtischen Mitarbeitern geben. Heinemann: „Was für Schulleiter und Polizisten gilt, muss auch für den Senatssprecher gelten.“

„Jetzt kommt raus, wer weiß, wie Social Media funktioniert – und wer nicht“

Hintergrund: Holstein hat seine Tätigkeit als Senatssprecher auf seiner Facebook-Seite vermerkt, seine veröffentlichten Mitteilungen („Postings“) sind jedoch eine lockere Mischung aus privaten und politischen Äußerungen. Mal sieht man Holstein beim Windsurfen und Biertrinken, mal lästert er launig über Veröffentlichungen der politischen Konkurrenz, mal veröffentlicht er Fotos der Alster, die er auf dem Weg ins Rathaus macht. Auf die Frage, ob diese Mischung in Ordnung sei, sagte Holstein am Dienstag: „Facebook ist mein Privatvergnügen, das ich gerne mit anderen teile.“ Und fügte hinzu: „Ich gehöre zu denjenigen, die einigermaßen einschätzen können, welche Potenziale Social Media haben (...) Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass jetzt rauskommt, wer weiß, wie Social Media funktioniert, und wer das nicht weiß.“

Tatsächlich ist die Nutzung von Internet-Plattformen wie Facebook und Twitter auch rechtlich noch ein Graubereich. Zwar müssen Mitarbeiter, die etwa eigene Vorgesetzte oder das eigene Unternehmen hier beleidigen, regelmäßig mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen bis hin zu Kündigungen rechnen. Zugleich aber gilt auch im Internet die Meinungsfreiheit – solange niemand beleidigt wird oder es um andere Straftatbestände wie üble Nachrede geht.

In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass Kommunikation etwa von Medien mit ihren Nutzern, von Unternehmen mit ihren Kunden oder von politischen Parteien mit dem Wahlvolk nicht als Einbahnstraße funktioniert. Wer langfristig eine „Community“ aufbauen will, wer im Internet Freunde, Fans oder „Follower“ um sich scharen möchte, der kann auf Facebook, Instagram, Twitter oder Pinterest nicht ausschließlich Werbung für sein Produkt veröffentlichen – er muss auch mit den Menschen ins Gespräch kommen. Er muss Kritik und Anfragen aufnehmen und darauf reagieren.

Dabei ist es ein Vorteil, wenn man den Menschen hinter den Botschaften erkennt, wenn man also auch von Hobbys oder Haustieren erfährt – und wenn es etwas zu lachen gibt. Wegen der großen Bedeutung dieser neuen Kanäle beschäftigen immer mehr Firmen sogenannte Social Media Manager.

Dabei bleibt das Ganze auch in der politischen Kommunikation eine Gratwanderung. Denn es ist nie ganz klar, in welcher Rolle der Nutzer der neuen Plattformen wahrgenommen wird: Muss eine private Äußerung eines städtischen Bediensteten allen Anforderungen des Beamtenrechts genügen? Muss jedes Posting eines Journalisten journalistische Qualitäten besitzen? Muss jede Äußerung eines Staatsanwaltes, der hier privat Parteipolitik macht, den Mäßigungsgeboten genügen? Oder ist es immer allen möglich, zwischen Privatmensch und beruflicher Funktion zu unterscheiden?

Der Senatssprecher ging sofort in die Gegenoffensive – natürlich bei Facebook

Für etwas mehr Klarheit sollen „Social-Media-Richtlinen“ sorgen, die etwa Firmen für ihre Mitarbeiter entwickeln. „Trennen Sie zwischen dienstlicher und privater Nutzung“, heißt es in der Richtlinie der Stadt. „Für Aktivitäten, die (...) der beruflichen Vernetzung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, sollte in der Regel entsprechend dienstliche Accounts genutzt werden.“ Genau das habe der Senatssprecher aber nicht getan, moniert CDU-Mann Heinemann.

Holstein ging sofort in die Gegenoffensive – bei Facebook. „Mein Facebook-Freund Robert Heinemann befragt den Senat in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage nach den Facebook-Aktivitäten des Senatssprechers bzw. der Privatperson C. H.“, schrieb er dort. „Ich würde gern wie gewohnt humorvoll antworten, fürchte aber, das wird mir nicht erlaubt. Na, dann eben nicht.“

Das Echo war enorm: Bald war der Vorgang vielfach kommentiert. Heinemann zog dabei den Kürzeren. Er sei eine „Spaßbremse“ und betreibe „Erbsenzählerei“, hieß es . Eine Kommentatorin postete: „Meine PRIVAT-Meinung: kein Handlungsbedarf, kein FB-Verbot für C.H.“ Wie das Ganze gewohnt seriös von der Verwaltung beurteilt wird, erfährt die Öffentlichkeit in der kommenden Woche – auf welchem Weg auch immer. Dann muss der Senat die Anfrage der CDU beantworten.