Sechs Doppelhäuser und drei Einzelhäuser sind geplant. Saseler Nachbarn wehren sich gegen das „überdimensionierte Projekt“. Zudem nisten Fledermäuse auf dem Areal.

Sasel. Eigentlich hätten Sabine und Elmar Thiel die beiden Grundstücke Beim Farenland 42–46 in Sasel gern selbst gekauft. Doch bei der Zwangsversteigerung wollten sie nicht mehr als den Verkehrswert zahlen und wurden von einem Bauträger überboten. Er gab 1,5 Millionen Euro für die 5465 Quadratmeter, auf denen zwei alte Einfamilienhäuser aus den 1960er- beziehungsweise 1930er-Jahren, viele Bäume und ein Schuppen stehen.

Jetzt hat der Investor die Thiels und viele ihrer Nachbarn mit seinen Bauplänen schockiert, die die Grundstückskosten natürlich mehr als nur wieder einspielen sollen: Der Projektentwickler, die Karaday GmbH & Co. KG, will sechs Doppelhäuser und drei Einzelhäuser genehmigt bekommen und plant drei tiefe Zufahrten zu den insgesamt 15 Wohneinheiten.

An einem einzigen Wochenende sammelten die Thiels in der Nachbarschaft gut 70 Unterschriften gegen das ihrer Meinung nach viel zu üppig dimensionierte Bauvorhaben und gründeten eine Bürgerinitiative. Karadays Projekt bebaue statt der erlaubten zwei gleich vier Zehntel der Grundstücksfläche und solle „offenbar genehmigt werden, obwohl nachbarschaftliche Belange betroffen und ‚drittschützende Normen‘ verletzt“ würden: Entgegen der rechtlichen Vorgaben füge sich das Vorhaben nicht in die Umgebung ein.

Die Nachbarschaft sei von Einzel- und Doppelhäusern auf größeren Grundstücken geprägt. Es gebe zwar rückwärtige Bebauungen in „zweiter Reihe“, doch das monierte Bauvorhaben plane mit drei Häuserreihen in einem über zwei Grundstücke laufenden Block, der in dieser Größe und Massivität die Struktur des Gebietes aufbreche und verändere.

In einem mittlerweile recht umfänglichen Schriftwechsel mit dem Bezirksamt Wandsbek versuchen die Thiels seit Juli, genauere Informationen über das Genehmigungsverfahren zu bekommen. Sie möchten vom Amt wissen, welche Fristen laufen, welcher Art das Genehmigungsverfahren ist und wann Entscheidungen fallen. Außerdem fordern sie Auskunft über erteilte Fällgenehmigungen für die alten Bäume und eine Artenschutzprüfung.

„Wir haben Fledermäuse, Grün- und Buntspecht sowie Gartenrotschwanz, Goldhähnchen, Haubenlerche, Zeisig und Mönchsgrasmücke auf dem Grundstück gesichtet und wollen Einspruchsmöglichkeiten nicht durch versäumte Fristen vertun“, sagt Sabine Thiel. Auch sei nicht auszuschließen, dass die Fledermäuse die teils schon verfallenden Häuser für sich als Nistplatz entdeckt haben. In diesem Falle dürfe die Altsubstanz überhaupt nicht abgerissen werden. Das Grundstück sei die „grüne Lunge der Gegend“.

Das Bezirksamt bestätigte zunächst nur die Existenz des Bauantrags, übersandte einen Lageplan ins grüne Sasel und verwies auf die nach Hamburgischer Bauordnung eingeschränkten Nachbarrechte. Ihre Information sei „nicht mehr vorgesehen“. Nur das Unterschreiten von Abstandsflächen, Ausnahmegenehmigungen oder das Berühren öffentlicher Interessen würden eine Beteiligung der Nachbarn im Genehmigungsverfahren rechtfertigen.

In der Bürgerfragestunde des Wandsbeker Planungsausschusses Anfang November von Sabine Thiel direkt angesprochen, sagte Baudezernent Arne Klein zu, Informationen zur Verfügung zu stellen. „Er hat aber bisher auch nicht geliefert“, sagt Sabine Thiel.

Sie will auf dem Grundstück allenfalls die sechs Doppelhäuser hinnehmen. „Schließlich hätten wir ja selbst auch bauen wollen, wenn wir es gekauft hätten.“

Projektentwickler Deniz Karaday ärgert sich über die Kritik: „Es gibt bereits zwei Grundstücke am Meiendorfer Mühlenweg, die in drei Reihen bebaut sind. Auf einem davon, das direkt an unser Grundstück grenzt, wohnen die Thiels. Soll das Recht, was sie beanspruchen, für andere nicht gelten?“ Von einem „strukturverändernden Siedlungscharakter“ seines Projekts will er nichts wissen. „Wir verstehen, dass Nachbarn Veränderungen oft mit Argwohn sehen. Aber das Grundstück wird nicht zu dicht bebaut, wir halten das Baurecht wirklich genau ein.“

Die Thiels haben kein Problem damit, selbst in dritter Reihe zu wohnen und sie zugleich dem Nachbarn streitig zu machen. „Da sind drei Zeilen mit je drei absolut gleichen Häusern geplant. So etwas Monumentales ist neu hier.“

Anders als üblich haben die Thiels aber in ihrer Berechnung der bebauten Grundstücksfläche alle Einfahrten und Stellplätze voll mitgezählt. Legt man nur die Häuser zugrunde, wird der erlaubte Wert von zwei Zehnteln nur um ein Hundertstel überschritten.

Das Amt teilte auf Abendblatt-Anfrage inzwischen mit, dass es „umfängliche Nachforderungen“ zum Bauantrag gestellt habe und die Widerspruchsfristen erst dann zu laufen begännen, wenn die Unterlagen vollständig seien. Wenn Ausnahmegenehmigungen nötig und folglich Nachbarn zu beteiligen seien, werde sich dies im Laufe der Prüfungen herausstellen und „von Amts wegen“ geschehen. Im für den Bauantrag anzuwendenden „vereinfachten Verfahren“ allerdings würden „naturschutzfachliche Tatbestände nicht geprüft“. Dies zu tun oder zu lassen obliege allein dem Bauherrn.

Die Doppelhaushälften sollen courtagefrei ab 319.000 Euro kosten und laut Karaday „junge Familien aus der Miete in Eigentum bringen“. Die Einzelhäuser würden für 380.000 bis 390.000 Euro angeboten werden. Karaday sagte, er habe ein Baumgutachten erstellen lassen, das genau festlege, welche Bäume gefällt und was nach Fertigstellung der Häuser neu gepflanzt werden solle. Die Artenschutzprüfung laufe und werde dem Amt in Kürze vorgelegt.