Die angekündigten IOC-Reformen stoßen auf breite Zustimmung – Hoffnung auf Meinungsumschwung bei Kritikern

Hamburg. Die am Dienstag von Thomas Bach, dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), in Lausanne präsentierten, weitreichenden Reformvorschläge für künftige Olympische Spiele haben bei den Protagonisten einer Hamburger Bewerbung für die Sommerspiele 2024 Freude und Zustimmung ausgelöst. „Thomas Bach hat Wort gehalten. Die Vorschläge zeigen, wenn sie im Dezember beschlossen werden, dass das IOC es mit Reformen wirklich Ernst meint. Weg vom Gigantismus, hin zu Nachhaltigkeit, Kostenbewusstsein und Anpassung der Spiele an die Ausrichterstadt“, sagte Innen- und Sportsenator Michael Neumann (SPD) am Dienstag. „Diese Reformvorschläge kommen dem Hamburger Bewerbungskonzept für Olympische und Paralympische Spiele sehr entgegen.“

Der deutsche IOC-Präsident Bach hatte zuvor einen von der IOC-Exekutive erarbeiteten Plan mit insgesamt 40 Veränderungsvorschlägen vorgestellt, die zur „Agenda 2020“ gehören. Am 8. und 9.Dezember sollen diese Reformen auf der IOC-Session in Monaco beschlossen werden. Grenzübergreifende Spiele, mehr Mitspracherecht künftiger Gastgeber, ein eigener TV-Kanal und ein abgespeckter Bewerbungsprozess sind die Eckpunkte des Programms. „Es ist ein Puzzle. Wenn man alle Teile zusammenfügt, entsteht ein Bild, das die Einzigartigkeit Olympischer Spiele wahrt und die Rolle des Sports in der Gesellschaft stärkt“, erklärte Bach.

Vor allem das IOC-Angebot aus Gründen der Nachhaltigkeit, „die Austragung ganzer Sportarten oder einzelner Disziplinen außerhalb der Gastgeber-Stadt oder in Ausnahmefällen außerhalb des Landes zu erlauben“, sorgte für Aufsehen. Dies wäre eine Premiere für Sommerspiele. Zudem sollen die Bewerbungsausgaben durch eine Kostenbeteiligung des IOC reduziert werden. Auch auf temporäre Bauten soll stärker gesetzt werden.

Jürgen Mantell, der Präsident des Hamburger Sportbundes (HSB), sagte zu den Reformen: „Das IOC macht viele kluge und nachvollziehbare Vorschläge, denen man wünschen muss, dass die IOC-Session diesen folgt. Das IOC macht einen großen Schritt auf mögliche Bewerberstädte und die Athleten zu. Zum Beispiel will das IOC zukünftig den Vertrag mit der Gastgeberstadt zu Beginn des Bewerbungsverfahrens verhandeln und die Inhalte transparent machen. Das beinhaltet auch den IOC-Zuschuss an die Ausrichterstadt, der bisher immer in relevanter Höhe floss.“

Auch die Hamburger Handelskammer als dritter großer Protagonist einer erneuten Bewerbung der Hansestadt bewertet die Reformpläne positiv. „Der vom IOC vorgestellte Entwurf für die Überarbeitung der Anforderungen an Bewerbung und Ausrichtung Olympischer Spiele ist ein wichtiger Beitrag für mehr Akzeptanz in pluralistisch verfassten Gesellschaften für dieses Großereignis. Die hohe Beteiligung und die Transparenz dieses Verfahrens zeigen den Willen zur Veränderung beim IOC und sollten somit Vorbild für alle internationalen Sportverbände sein“, hieß es in einem ersten Statement. Aus Hamburger Sicht sei besonders wichtig, dass das IOC zukünftig vor der „Bewerbungsphase“ eine zusätzliche „Unterstützungsphase“ vorsieht, in der das IOC den möglichen Bewerberstädten beratend zur Seite stehen möchte. Auch dass es das IOC zukünftig akzeptiert, weitere Vertragspartner, zum Beispiel die nationale Regierung, in den Vertrag aufzunehmen, zeige, dass die Verantwortung für Olympische Spiele künftig nicht ausschließlich bei den ausrichtenden Städten liege.

„Durch die nun vorgelegte Agenda 2020 des IOC sind wir optimistisch, dass die grundsätzliche Zustimmung der Hamburgerinnen und Hamburger zu Olympischen Spielen 2024 in Deutschland sich nun auch in einer hohen Zustimmung zu Olympischen Spielen in der eigenen Stadt niederschlagen wird“, sagte Reinhard Wolf, Olympiabeauftragter der Handelskammer. IOC-Präsident Bach halte, was er versprochen hat: Die Olympischen Spiele sollen sich zukünftig stärker den Städten anpassen und nicht umgekehrt.

Aus der Hamburger Innen- und Sportbehörde hieß es weiter, dass insbesondere die in den Reformvorschlägen vorgesehene finanzielle Unterstützung der Bewerbung sowie die Anpassung der Spiele an die Individualität der Ausrichterstadt bei den Menschen die Akzeptanz für das bedeutendste Sportfest der Welt erhöhen dürfte. Dies sei im Hinblick auf die vom DOSB angekündigte Meinungsumfrage sowie das nach einer Entscheidung geplante Referendum in der ausgewählten Bewerberstadt sehr wichtig. Insgesamt seien die angestrebten Veränderungen geeignet, der Hamburger Bewerbung Rückenwind zu verleihen. Für die Verantwortlichen wird es in den kommenden Monaten darum gehen, die in der Olympia-Frage skeptischen Bürger, die in erster Linie Sorge und Angst vor ausufernden und für sie unnützen Kosten haben, mit Argumenten zu überzeugen.

Unterdessen hat DOSB-Präsident Alfons Hörmann eine gemeinsame Olympia-Bewerbung von Berlin und Hamburg nach erster Interpretation der geplanten IOC-Reformen ausgeschlossen. Zwar habe es das IOC für Olympia-Bewerber „deutlich erleichtert“, einzelne Sportarten oder Wettbewerbe auch außerhalb der Bewerberstadt zu organisieren. „Beim genauen Lesen aller Texte scheint uns ein Konzeptansatz einer Bewerbung mit zwei Städten aber nach wie vor weder zielführend noch machbar“, sagte der Chef des DOSB.