Landeanflüge sollen verlängert werden, um die Belastung zu verringern. Anwohnerinitiativen hatten allerdings deutlich mehr gefordert

Hamburg. Es ist ein klassischer Kompromiss: Um die Lärmbelastung durch den Flugverkehr vor allem in den Walddörfern und im Alstertal zu verringern, sollen die Landeanflüge auf den Flughafen Fuhlsbüttel auf mindestens sieben Nautische Meilen (12,9 Kilometer, NM) verlängert werden. Kurzanflüge von vier Meilen (7,4 Kilometer) Länge, die über dicht besiedelte Stadtteile führen, sollen nur noch in sehr begrenzten Ausnahmefällen erlaubt sein – etwa bei Luftnotlagen oder Rettungsflügen.

Wenn der SPD-geführte Senat am heutigen Dienstag seine Antwort auf das bürgerschaftliche Ersuchen zum Fluglärmschutz in der vorgesehenen Form beschließt, dann enthält die Stellungnahme auch ein klares Nein zu einer weitgehenden Forderung der Bürgerinitiative Alstertal Walddörfer: Der Senat lehnt die Verlängerung der Landeanflüge aus Richtung Nordosten auf mindestens zehn Nautische Meilen (18,5 Kilometer) ab.

Die Ausweitung auf zehn NM zu prüfen, war ein Kernelement des Zehnpunkteplans, den die Bürgerschaft in einem interfraktionellen Antrag im Mai dieses Jahres beschlossen hatte. Zunächst hatte es positive Signale der Deutschen Flugsicherung (DFS) für den Plan gegeben. Doch dann kam die Kehrtwende. DFS und die Fluglärmschutzkommission waren nach Auswertung von Messdaten in Duvenstedt zu dem Ergebnis gekommen, dass zwischen sieben und zehn Meilen „auf Hamburger Stadtgebiet kein bedeutsamer Unterschied in der Lärmsituation feststellbar“ sei. So steht es in der dem Abendblatt vorliegenden Antwort des Senats auf das Ersuchen der Bürgerschaft.

Der Senat übernimmt nun das Votum der DFS und der Lärmschutzkommission. Eine Verlängerung des Endanfluges auf mindestens zehn Meilen würde „beispielsweise für Lemsahl-Mellingstedt und Duvenstedt ohnehin keine zusätzliche Entlastung bringen“. Allerdings sieht der Senat eine andere Auswirkung: „Ein vollständiger Verzicht auf Anflüge mit einer Endanfluglänge unter zehn NM bedingt jedoch eine Verlagerung des Anflugverkehrs in Richtung Nordosten und damit eine stärkere Belastung von Bargteheide.“ Das sei nicht vertretbar.

Der Senat nennt die Erhöhung der Mindestanfluglänge von vier auf sieben NM eine „ausgewogene Kompromisslösung“, räumt aber ein, dass „bei der komplexen Thematik keine allseits zufriedenstellende Lösung erreicht werden kann“. Dennoch bedeute der längere Anflug, dass die Flugzeuge „nicht mehr erst auf dem Hamburger Stadtgebiet eindrehen können“. Hierdurch „erfahren Stadtteile wie Volksdorf, Wohldorf-Ohlstedt, aber auch die Stadt Ahrensburg eine Verbesserung; die kritisierte Lärmstreuung im Hamburger Nordosten wird erheblich reduziert“, heißt es in der Senatsmitteilung.

Die Bürgerinitiative Alstertal Walddörfer hatte bereits im Vorfeld darauf hingewiesen, dass die Vier-NM-Anflüge schon heute nur noch in sehr begrenzten Ausnahmefällen vorkommen. Seit Juli 2013 würden auch an Sonn- und Feiertagen zwischen sechs und acht Uhr generell keine Anflüge unter zehn NM mehr genehmigt. SPD-Bürgerschafts-Fraktionschef Andreas Dressel sieht dennoch eine substanzielle Verbesserung. „Diese Festlegungen werden jetzt ins Luftfahrthandbuch geschrieben“, sagte Dressel dem Abendblatt. Darüber hinaus will die DFS voraussichtlich von jetzt an sogenannte Kurz- und Sichtanflüge (unter zehn NM) an Wochenenden und Feiertagen sogar vor zehn Uhr und nach 22 Uhr grundsätzlich verbieten.

Eine weitergehende „Verteilungsdiskussion“ lehnt die Landesregierung jedoch ab. Es könne nicht darum gehen, Fluglärm von einem auf den anderen Stadtteil oder eine Nachbargemeinde zu verlagern. „Aus diesem Grund kann beispielsweise eine Entlastung der Walddörfer nicht dadurch erlangt werden, dass diese Flugbewegungen stattdessen über Altona, Norderstedt oder die gesamte Innenstadt geleitet werden“, heißt es in der Senatsantwort.

Der Flughafen will von 2015 an Gründe für Landungen nach 22 Uhr auflisten

Wie berichtet, will der Flughafen einer anderen Anregung der Bürgerschaft folgen und die Strafgebühren für verspätete Landungen erheblich erhöhen. Fluggesellschaften, deren Maschinen in der Zeit von 22 bis 23 Uhr landen, müssen statt 100 Prozent Aufschlag zu den Landegebühren vom nächsten Jahr an 150 Prozent zahlen. Nach 23 Uhr sollen sogar 300 Prozent (statt bislang 200) fällig werden. Geplant ist auch eine Erhöhung des Landeentgelts für sehr laute Flugzeuge.

Auf Anregung der Bürgerschaft wird der Flughafen alle verspäteten Flüge besonders genau unter die Lupe nehmen. „Um die Ursachen analysieren zu können, wird der Flughafen ab Januar 2015 die Verspätungsgründe für jeden einzelnen Flug auflisten und auswerten“, schreibt der Senat in seiner Mitteilung. Die Zahl der Landungen zwischen 23 und 24 Uhr war in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Im Jahr 2007 waren 1152 Verspätungen zu verzeichnen, 2013 nur 420. Allerdings wurden im laufenden Jahr bereits 455 Flüge registriert, was angeblich unter anderem an häufigen Unwettern in Süddeutschland lag.

Schließlich weist der Senat darauf hin, dass die Geschäftsführung des Flughafens mit den Fluglinien über einen verstärkten Einsatz neuer, besonders leiser Flugzeuge verhandelt. Angeblich will die Lufthansa schon von November 2015 an die Airbus 319/320/321neo auf den Strecken Frankfurt–Hamburg und München–Hamburg einsetzen. Andere Linien sollen folgen.

SPD-Fraktionschef Dressel ist mit dem Ergebnis des bürgerschaftlichen Ersuchens zufrieden. „Es ist ein wirklich schwieriger, langsamer Prozess mit vielen Beteiligten, bei dem wir hoffentlich nach und nach zu weiteren Fortschritten kommen“, sagte der SPD-Politiker. „Wir sind im Interesse des Stadtflughafens gut beraten, weiter auf den Dialog zu setzen und Beschwerden ernst zu nehmen – und das möglichst interfraktionell.“