Hamburg drängt auf gerechtere Verteilung zwischen Bundesländern. Kriminelle Jugendliche bereiten große Probleme

Hamburg. Angesichts der gestiegenen Zahl von jungen Flüchtlingen in Hamburg drängt Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) darauf, die unbegleiteten Jugendlichen gleichmäßiger auf das Bundesgebiet zu verteilen. Waren es im Jahr 2012 noch 405 Minderjährige, stieg deren Zahl im Jahr darauf auf 489. Allein in diesem Jahr hat Hamburg bereits 589 aufgenommen.

Scheele sprach in einem Brief an seine SPD-Landesministerkollegen von einer „sprunghaft“ gestiegenen Zahl allein in den vergangenen Monaten. „Die Hamburger Einrichtungen für die Inobhutnahme von Minderjährigen sind durch diese Situation bis an die Grenze des Möglichen hin ausgelastet“, schreibt Scheele in dem Brief, der dem Abendblatt vorliegt. Danach müssten westdeutsche Großstädte für etwa 60 Prozent aller Unterbringungen sorgen. Ähnlich hohe Zahlen wie in Hamburg seien 2013 in Frankfurt, Berlin oder München zu beobachten gewesen. Dagegen würden in ostdeutschen Bundesländern vergleichsweise wenig unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht, nur drei Prozent. Sachsen-Anhalt nahm vergangenes Jahr 37 in Obhut, Mecklenburg-Vorpommern zwölf, Thüringen nur einen einzigen. Zahlen für 2014 liegen nicht vor. Die Kosten für in Hamburg untergebrachte Minderjährige werden in Zukunft steigen, so Scheele weiter, auch weil die Unterbringungsmöglichkeiten knapp seien. Zudem sei der Aufsichts- und Betreuungsbedarf der Kinder und Jugendlichen hoch. In der Regel kommen sie durch die Zustände in ihrer Heimat und die Strapazen der Flucht traumatisiert in Deutschland an.

In der Erstaufnahme betragen die monatlichen Kosten 5000 Euro pro Person. Die Unterbringung in betreuten Wohngruppen kostet zwischen 1600 und 4100 im Monat. Allein für Hamburg bedeutet das einen zweistelligen Millionenbetrag im Jahr. Eine andere Verteilung könne „zu niedrigeren Gesamtkosten führen“, so Scheele. Hamburg soll nun einen Vorschlag erarbeiten, wie eine gleichmäßigere Verteilung vorgenommen werden kann. Dafür müsste ein Bundesgesetz geändert werden.

Daneben verzeichnen Großstädte im Zusammenhang mit den Minderjährigen vermehrt Straftaten. „Viele waren von Kindesbeinen an auf sich allein gestellt“, sagt ein Polizeibeamter. Ohne Eltern und ein funktionierendes Sozialsystem hätten sie sich nur mit Diebstählen über Wasser halten können. Seit Frühjahr gebe es mehr Straftaten aus dieser Gruppe. Deren Zahl schätzt die Polizei auf gut 50. Zuletzt wurde eine Gruppe von Flüchtlingen von Zuhältern schwer verletzt, nachdem die Jugendlichen angeblich Prostituierte und Freier bestohlen hatten. Allein gegen neun Jugendliche wurden in diesem Jahr 120 Verfahren eingeleitet. Die Vorwürfe: Raub, Drogendelikte, Einbrüche, Diebstahl, gefährliche Körperverletzung.