Haben Sie sich einmal überlegt, was mit dem Tischtuch in einem Restaurant passiert, über das Sie Nudelsoße oder Rotwein geschüttet haben? Es wird gescannt, verlässt die Stadt, geht durch zig verschiedene Hände und durchläuft einen vollautomatischen Reinigungsprozess, bis es zwei Tage später wieder sauber aufgelegt werden kann – bereit für den nächsten FleckYvonne Weiß (Text) Marcelo Hernandez (Fotos)

1. Das Paar im Restaurant Piazza Romana im Grand Elysée hat beim Anstoßen Wein verschüttet. Schnell Salz draufstreuen? Nein, runter mit der Decke und ab in die Schmutzwäsche, die in Rollcontainern gesammelt und jeden Abend gegen 22 Uhr am Hotel abgeholt wird. Fast 4000 Kilogramm Tischwäsche und 26.800 Kilogramm Bettwäsche fallen im Elysée pro Jahr an

2. Ein Mitarbeiter der Servitex Nord GmbH scannt die verschiedenen Container, die alle einen Barcode haben, damit es nicht zu Verwechslungen kommt, und fährt sie zur Großwäscherei in Lüdersdorf, eine Stunde von Hamburg entfernt. 60 Tonnen Wäsche aus Hamburg und von Hotels an der Ostsee werden dort täglich bearbeitet

3. An der sogenannten Easy Sort Station wird zunächst sortiert: Jeder Fleck und jeder Stoff benötigen ein anderes Bearbeitungsprogramm. Schwieriger noch als Rotwein sind wasserfeste Lippenstifte auf Servietten und Straßenschmutz auf Fußmatten zu entfernen

4. Ab jetzt funktioniert alles vollautomatisch. In der Waschstraße durchlaufen die Tischdecken 18 verschiedene Kammern. Das Wasser wurde zuvor in einer Aufbereitungsanlage entkalkt, dadurch braucht man keinen Weichspüler. Das Waschmittel wird je nach Bedarf verändert: Nach dem Baukastenprinzip wird es aus zehn verschiedenen Komponenten direkt in die entsprechende Kammer geleitet

5. Am Ende der Waschstraße wird die Wäsche mit 56 bar gepresst. Das Pressen geht schneller und ist textilschonender als das Schleudern in normalen Waschmaschinen, allerdings klebt der Stoff danach zusammen. Mit der Hand bekommt man ihn nicht mehr auseinander, er muss in den Trockner zum Auflockern. Um Strom zu sparen, werden die Trockner mit Gas beheizt

6. Über Sackspeicherbahnen – ein Schienensystem an der Decke der 5000 Quadratmeter großen Reinigung – wird die Wäsche weiter transportiert in die acht Meter lange Mangelstraße, wo die Tischdecke bei 180 Grad über drei Walzen gezogen und maschinell zusammengelegt wird

7. Bis zu 150-mal im Jahr durchlaufen Tischdecken diese Prozedur, an dessen Ende sie wieder gescannt und gewogen werden. Nach der Reinigung wiegt Tischwäsche drei Prozent weniger, Handtücher bringen bis zu 25 Prozent weniger auf die Waage. Die Container werden auf die Stellfläche der für den Kunden festgelegten Tour gestellt. Die Reinigung der Decke hat ca. einen Euro gekostet

8. 48 Stunden nach der Abholung legt Elena Winterstein vom Restaurant Piazza Romana die Decke wieder auf den Tisch. Es ginge bereits nach nur einem Tag, doch die Wäsche soll eine Ruhephase einhalten, damit die Fasern nicht zu schnell ermüden. Jeden Tag Rotwein – das erträgt kein Stoff, nicht einmal eine weiße Weste