Steuerzahlerbund und Grüne kritisieren teuren Messestand an der Côte d’Azur. Finanzbehörde fordert neues Konzept

Cannes/Hamburg. Cannes an der Côte d’Azur ist ein beliebter Treffpunkt des Jetsets. Prachtvolle Hotels, angesagte Beach-Clubs und sündhaft teure Restaurants ziehen die Schönen und Reichen an. Der französische Küstenort veranstaltet auch eine der größten Immobilienmessen der Welt: Auf der Mipim hat Hamburg einen Gemeinschaftsstand, organisiert von der städtischen Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF). Jetzt ist um Hamburgs Messeauftritt ein heftiger Streit entbrannt.

Der Grund: Die Verantwortlichen des Landesbetriebs Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) sowie auch Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) sollen mit dem bisherigen Messeauftritt nicht zufrieden gewesen sein. Sie haben deshalb die HWF mehrmals aufgefordert, ein neues Konzept für die Mipim zu entwickeln.

Dabei soll es vor allem um die Präsentation des Hamburg-Stands auf der Messe gehen. Und dazu gehört auch der Standort: Seit drei Jahren steht der Hamburger Gemeinschaftsstand in der ersten Etage in der Halle Riviera 8 – und das soll nicht gerade der „Hotspot“ auf der Mipim sein – obwohl der Blick von der Terrasse auf den Hafen einmalig ist. Außerdem wird in Behördenkreisen kritisiert, dass auf der Mipim, anders als auf der heute in München beginnenden Expo Real, so gut wie keine Geschäftsabschlüsse zustande kommen.

Die Finanzbehörde hat bereits erste Konsequenzen gezogen. Der LIG, der zur Finanzbehörde gehört, wird sich nur noch mit einer Logo-Partnerschaft an dem Stand beteiligen und somit sein finanzielles Engagement deutlich zurückfahren. Bislang hatte der LIG eine eigene Säule auf dem Stand gebucht und für seine Aktivitäten geworben.

Bei einem malerisch gelegenen Ort wie Cannes, könnte leicht der Verdacht aufkommen, dass hier vor allem das Vergnügen im Vordergrund steht. Das Rahmenprogramm auf dem Hamburger Gemeinschaftsstand klingt sehr abwechslungsreich: Um 14 Uhr der „Hamburg/HafenCity-Empfang“ und sozusagen im nahtlosen Übergang um 17.30 Uhr das „Immobilienwirtschaftliche Get-Together“ – so war das Programm am 12. März dieses Jahres. Aber auch außerhalb des Messegeländes sorgt die HWF für ihre Gäste: „Unser Business-Lunch im Strandrestaurant Vegaluna hat sich inzwischen zu einer Tradition entwickelt“ – so wirbt die HWF auf ihrer Internetseite.

Der Stadt dürfte nicht daran gelegen sein, dass die Irritationen rund um die Mipim an die Öffentlichkeit dringen. Aber auf Abendblatt-Anfrage bestätigte Finanzbehördensprecher Daniel Stricker: „Aus Sicht des LIG bedarf der Messeauftritt der Freien und Hansestadt Hamburg auf der Mipim einer Überarbeitung.“

Das ist sehr zurückhaltend ausgedrückt: Es soll sogar schon im Gespräch gewesen sein, dass der HWF die Ausrichtung des Gemeinschaftsstandes entzogen wird. Dass es deutliche Kritik des LIG an dem Messeauftritt in Cannes gibt, will HWF-Sprecher Andreas Köpke nicht bestätigen. Köpke sagt: „Die HWF befragt nach jeder Messe alle Aussteller nach ihrer Zufriedenheit und bittet um Verbesserungsvorschläge.“ Besonders intensiv sei die Diskussion mit den städtischen Partnern, da mit diesen auch übergeordnete Stadtentwicklungsthemen transportiert werden.

Die daraus resultierenden Anregungen würden jeweils in das Konzept für die kommende Messe mit einfließen, sagt Köpke. Kritik an der Platzierung der Hamburger auf der Mipim lässt Köpke nicht gelten: „Wir sind sehr zufrieden mit diesem Standort.“ Aber Hamburg darf auch nicht zu viel erwarten, denn mit einer Fläche von 136 Quadratmetern gehört die Hansestadt nicht gerade zu den großen Ausstellern.

Trotzdem hat der Auftritt in Cannes seinen Preis. Nach Abendblatt-Informationen kostete die Messe Hamburg in diesem Jahr mehr als 218.000 Euro. Dem stehen zwar auch Einnahmen von 222.016,75 Euro gegenüber, aber etwa die Hälfte dieser Einnahmen – also rund 110.000 Euro – kommen durch die Beteiligung städtischer Unternehmen zustande.

Also trägt der Steuerzahler einen großen Teil der Kosten dafür, dass sich Hamburg an der Côte d’Azur präsentiert. Für das kommende Jahr gibt es bislang zwei städtische Unternehmen, die ihre Beteiligung an der Mipim zugesagt haben. Es ist offensichtlich Zurückhaltung angesagt. Wohl auch deshalb sah sich nach Abendblatt-Informationen Staatsrat Bernd Egert (SPD) aus der Wirtschaftsbehörde noch in der Staatsrätebesprechung vom 14. Juli dazu veranlasst, wegen des „bisher verhaltenen Interesses“ für eine stärkere Teilnahme städtischer Aussteller zu werben.

Kritik kommt aus der Politik: „Im März, wenn es in Hamburg noch kalt und nass ist, kann man es sich an der Côte d’Azur ganz gut gehen lassen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass da eher das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden werden soll, allerdings ohne den Nutzen so richtig benennen zu können“, sagt Grünen-Wirtschaftsexperte Anjes Tjarks.

Der Politiker sagt weiter: „Mir fehlt die Fantasie, um mir vorzustellen, was städtische Unternehmen auf einer Messe in Cannes sollen. Es ist wirklich überfällig, dass die Stadt ihre Beteiligung an der Mipim aufgibt.“

Auch der Bund der Steuerzahler Hamburg hat Bedenken: „Dass sich die Stadt Hamburg auf internationalen Messen dem Fachpublikum präsentiert, halten wir für richtig und wichtig. Doch gerade über die Mipim konnte Hamburg in den vergangenen Jahren nur einen geringen wirtschaftlichen Nutzen erzielen“, sagte der Landesvorsitzende des Bundes der Steuerzahler, Lorenz Palte.