Neustadt. Das erste Mal seit der Tat im April sehen sich Täter und Opfer am Dienstag im Gerichtssaal wieder. Thilo M., 19, atmet schwer, Tränen rinnen ihm über die Wangen. Er ist Nebenkläger in diesem Mordprozess. Als sein früherer Freund den Saal betritt, bricht Thilo M. vollends in Tränen aus.

Unterschiedlicher könnten sie kaum sein, schon äußerlich nicht. Hier Birk van d.V., 20, smart und groß, feiner blauer Anzug, dort sein einstiger guter Freund, ein eher rundlicher Typ. Vor Gericht steht der Heranwachsende wegen versuchten Mordes. Sollte die Jugendgerichtshilfe Reifeverzögerungen feststellen, könnte er noch nach dem milden Jugendrecht mit maximal zehn Jahren Haft bestraft werden.

Allein, die Bluttat wiegt schwer. Denn beinahe hätte Birk seinen Freund erschlagen – mit einem Hammer. Thilo M. hatte ihn damals in seiner Wohnung in Rissen vorübergehend bei sich aufgenommen. Während der 19-Jährige in der Nacht zum 7. April auf dem Sofa schlief, drosch Birk mit einem Hammer auf ihn ein. Weil sein Opfer völlig arg- und wehrlos war, legt ihm die Staatsanwaltschaft einen versuchten heimtückischen Mord zur Last. Bis zu sechs Mal soll er auf Thilo M. eingeschlagen haben, dann ging er zur nächsten Polizeiwache, wo er die brutale Tat gestand. Thilo M. erlitt unter anderem ein schweres offenes Schädel-Hirn-Trauma. Das Motiv ist unklar: Laut Anklage kam der Angriff völlig überraschend. Möglicherweise spielte exzessiver Alkoholkonsum eine Rolle. Eine Sachverständige der Rechtsmedizin wird dazu im weiteren Prozessverlauf Stellung nehmen. Die Verhandlung wurde auf Antrag von Verteidiger Andreas Karow für eine Woche unterbrochen. Grund: Er habe zu spät von einer Änderung der Gerichtsbesetzung erfahren, so Karow. Sein Mandant werde am 9. Oktober, aussagen und einen dreiseitigen Brief verlesen. Karow: „Der Brief stellt eine Bitte um Entschuldigung dar.“