Beim zweiten Blitzmarathon wird an 340 Kontrollstellen gemessen – zu schnelles Fahren ist Unfallursache Nummer eins

Hamburg. 340 Kontrollstellen an 265 Straßen, 56 Geschwindigkeitsmesser: In der Hansestadt wird wieder geblitzt, flächendeckend. Zum zweiten sogenannten Blitzmarathon sind am morgigen Donnerstag mehr als 400 Polizisten in der gesamten Stadt eingesetzt, um Autofahrer zu kontrollieren und Bußgeldbescheide zu verteilen. Ziel der Aktion sei, das Geschwindigkeitsniveau in der Stadt zu senken, gab die Polizei bekannt. Autofahren soll sicherer werden. Und zu schnelles Fahren ist noch immer Unfallursache Nummer eins.

Die 24-Stunden-Kontrollen, die von 6 Uhr am Donnerstagmorgen bis 6 Uhr am Freitag laufen, gibt es bundesweit. Pendler aus dem Umland müssen also mit Geschwindigkeitsmessungen auch in Niedersachsen und Schleswig-Holstein rechnen. Wo in Hamburg geblitzt wird, hat die Polizei anhand von Anregungen aus der Bevölkerung ausgewählt (siehe Tabelle). Nach einem öffentlichen Aufruf waren bei der Verkehrsdirektion in den vergangenen Wochen 1070 E-Mails und 593 Anrufe mit Blitzerwünschen eingegangen.

In der von der Polizei veröffentlichten Liste der Blitzerstandorte finden sich zahlreiche Hauptverkehrsstraßen, wie die Kieler Straße, die Bramfelder Chaussee oder die Kollaustraße, aber auch kleinere, wie das Schulterblatt. Insgesamt wurden 265 Straßen auserwählt, an denen geblitzt werden soll, sowie die Autobahn 7, wo je ein Messgerät in beide Fahrtrichtungen an der Ausfahrt Othmarschen aufgestellt werden soll. Die insgesamt knapp 340 Blitzstationen werden dabei aber nicht die vollen 24 Stunden besetzt sein. Dafür reicht die Zahl der vorhandenen Messgeräte gar nicht aus. Die 13 Messfahrzeuge, 34 Handlaser und neun Provida-Fahrzeuge (Motorräder oder Autos mit der Möglichkeit, Verkehrssünder während der Fahrt zu filmen) der Hamburger Polizei werden nur stundenweise an den einzelnen Stationen eingesetzt und wechseln dann ihren Standort wieder.

Dass die Polizei vor dem Blitzmarathon verrät, wo sie kontrollieren will, hat einen Grund: „Wir wollen die Aktion transparent machen“, sagt Polizeisprecher Holger Vehren. Die Massenkontrollen seien keine Abzocke. Ziel sei, ein Bewusstsein zu schaffen, dass niemand zu schnell fahren müsse, um rechtzeitig ans Ziel zu kommen. „Man kommt auch mit moderater Geschwindigkeit schnell ans Ziel“, so Vehren.

Die Erfahrungen aus dem letztjährigen Blitzmarathon bestätigen die Annahmen der Polizei. Während der 24-Stunden-Kontrollen Anfang Oktober 2013, dem ersten bundesweiten Blitzmarathon, fuhren die Autofahrer in Hamburg deutlich gesitteter. Von den knapp 300.000 Personen, die damals durch die Kontrollen fuhren, seien bei nur 2800 Geschwindigkeitsverstöße festgestellt worden, resümierte eine Polizeisprecherin, das waren nicht einmal ein Prozent. An einem normalen Tag sind in Hamburg acht Prozent der Autofahrer zu schnell unterwegs.

Aber auch zwei Wochen vor und zwei Wochen nach dem Blitzmarathon – die Idee dazu stammt übrigens aus Nordrhein-Westfalen (NRW), wo die Aktion diesjährig schon in die sechste Runde geht – wurde 2013 deutlich langsamer gefahren. Und es gab deutlich weniger Unfälle, die Hälfte weniger allein am Tag des Blitzmarathons. Üblich sind etwa 30 Unfälle pro Tag. Während der Aktion waren es nur 15. „Schon in der Zeit der Vorberichterstattung über den Blitzmarathon war im vergangenen Jahr deutlich zu spüren, dass auf den Straßen langsamer gefahren wurde“, sagte Vehren. In NRW, wo Blitzmarathons seit Februar 2012 zum Repertoire der Polizei gehören, sank die Zahl der Verkehrstoten seitdem deutlich.

Die Polizei hofft, dass sich die positive Entwicklung am Donnerstag und Freitag wiederholt, auch wenn ihr Engagement dieses Jahr etwas geringer ausfällt. Im vergangenen Jahr wurden noch 50 Kontrollstellen mehr bedient, waren 100 Polizisten mehr im Einsatz. Auch das Interesse der Hamburger am Blitzmarathon blieb bislang hinter dem vergangenen Jahr zurück. Damals waren noch knapp tausend Blitzerwünsche mehr eingegangen. Die Polizei hält die aktuelle Beteiligung aber dennoch für „bemerkenswert“.

Dass die Polizei nicht alle Blitzerwünsche berücksichtigen konnte, hat verschiedene Gründe: Die Behörde hat nur eine begrenzte Zahl von Beamten, die sie für die Kontrollen abstellen kann. Für einige Straßen gibt es bereits andere verkehrsberuhigende Konzepte. Und nicht zuletzt gebe es Straßen, die aufgrund der geografischen Gegebenheiten kaum dafür geeignet seien, dass an ihnen mit den herkömmlichen Mitteln Geschwindigkeit gemessen werden kann. Darunter würden etwa Straßen fallen, die sehr kurvig seien.

2013 wurden bei 64.995 Verkehrsunfällen 8642 Menschen leicht, 806 schwer und 26 tödlich verletzt. Die meisten Verunglückten stammen aus den Reihen der Autofahrer (4762), gefolgt von Fahrradfahrern (2212) und Fußgängern (1059). Wie die Statistik verrät, verunglückten 522 Menschen pro 100.000 Einwohnern. Rasen und zu dicht auffahren sind dabei die Hauptunfallursachen. Gefolgt von Unfällen, die geschehen, weil beim Aus- und Einfahren nicht auf den Verkehr geachtet wurde. Entsprechend nahm die Polizei im Jahr 2013 fast 525.000 Tempoverstöße auf, mehr als 16.000-mal wurden rote Ampeln überfahren.

Der Automobilclub ADAC begrüßte den anstehenden Blitzmarathon als „positive Aktion“. „Wir haben nichts gegen Geschwindigkeitskontrollen, aber sie müssen nachvollziehbar sein und vor allem auch an Unfallschwerpunkten erfolgen“, sagte ADAC-Hansa-Sprecher Christian Hieff. Mit dem Blitzmarathon gerate das Problem des zu schnellen Fahrens wieder in das Bewusstsein der Autofahrer, werde es diskutiert, darüber berichtet. Und jede Maßnahme, die die Verkehrssicherheit erhöhe, sei zunächst einmal positiv zu bewerten.