Dass er einmal in Seniorenheimen Gedichte vortragen würde, hat sich Lars Ruppel aus der Nähe von Friedberg (Hessen) als Teenager nicht träumen lassen. Damals mit 16 ging er zu Poetry-Slams, diesem Dichterwettstreit, halb Punk, halb Hippie, mit einem blauen Irokesenschnitt auf dem Kopf und einem Schottenrock um die Hüfte, „weil es dort Freibier gab und weil ich mit meinen Texten provozieren wollte“.

13 Jahre später, nun ohne Irokesenschnitt, dafür mit Brille und Jeans, ist er – ohne Alkohol – mit seinem Weckworte-Projekt deutschlandweit in Seniorenheimen unterwegs, um durch Gedichte an Demenz erkrankte Menschen ins Hier und Jetzt zurückzuholen. Gerade war er mit seinem „Alzpoetry“, angelehnt an Slam-Poetry, in Harburg.

„Man sollte Menschen im hohen Alter neue Gedichte zeigen und so kreative Impulse im leider oft reizlosen Alltag bieten“, sagt Ruppel. Der selbstständige Dichter, der mit seiner Freundin in einem Altbau in Berlin-Charlottenburg wohnt, ist von Hamburg beruflich begeistert. „Die Poetry-Slam-Szene hier bewundere ich“, sagt der Borussia-Dortmund-Fan. Auf einem Schiff in Hamburg wollte er in jungen Jahren sogar anheuern, daraus ist aber nichts geworden. Dafür ist er begeisterter Bahnfahrer geworden. An 200 Tagen ist er in Zügen zu seinen Auftritten unterwegs. Besondere Fähigkeiten, sagt er bescheiden, brauche man nicht. „Interesse an Sprache und Texten reicht.“