Die Erosion der Liberalen hält an. Landesvorsitzende will neue Gruppierung mitgründen

Hamburg. Die Landtagswahl in Sachsen hat sie noch abgewartet – nun setzt sie ihr Vorhaben in die Tat um: Sylvia Canel tritt von ihrem Amt als Landechefin der FDP zurück und darüber hinaus auch aus der Partei aus. Damit hält die Erosion bei den Liberalen an. Canel kündigte gegenüber dem Abendblatt an, dass sie sich der Gruppe ehemaliger FDP-Politiker um ihren ehemaligen Stellvertreter Najib Karim anschließen werde, die Ende September eine neue liberale Partei gründen wolle.

Canel zeigte sich enttäuscht von der Entwicklung der FDP. „Soziale Kompetenz und Empathie sind verloren gegangen“, so Canel. Sie kritisierte den Bundesvorsitzenden Christian Lindner, der als Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen erst vor wenigen Tagen die Abschaffung des Sozialtickets für Hartz-IV-Empfänger zugunsten des Straßenbaus gefordert hatte. „Liberalismus hat nichts mit Einkommen zu tun, sondern mit Würde“, so Canel. Ein weiterer Kritikpunkt seien die Strukturen in der FDP. So habe sie etwa versucht, das Delegiertensystem abzuschaffen, konnte sich aber auf dem Bundesparteitag damit nicht durchsetzen.

„Es bleibt dabei, dass sich die Leute nur noch gegenseitig wählen. So bekommt man niemanden mit neuen Ideen nach vorn.“ Das solle sich nun mit der Gründung der neuen liberalen Partei um Najib Karim und den ehemaligen Zweiten Hamburger Bürgermeister Dieter Biallas ändern. Karim war im Sommer ebenfalls von seinem Amt als stellvertretender Landesparteichef zurückgetreten und hatte gleichzeitig der FDP frustriert den Rücken gekehrt. Ob die noch zu gründende Partei bei der Bürgerschaftswahl am 15. Februar antritt, ließ Canel offen. „Es wird sich zeigen, wie der Zulauf ist.“ Derzeit sind es gut 35 Liberale, die sich um Karim und Biallas zusammengefunden haben. Ihr Rücktritt sei keine Flucht, sondern ein Neuanfang.

Sylvia Canel war zwölf Jahre Mitglied der FDP und von 2009 bis 2013 Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Seit gut zwei Jahren war sie Landeschefin der Elbliberalen. Diese Zeit war geprägt von Auseinandersetzungen mit FDP-Fraktionschefin Katja Suding. Das Verhältnis zwischen den beiden liberalen Frontfrauen war schwer gestört. Zuletzt hatte Suding, unterstützt von Bundeschef Lindner und dessen Vize Wolfgang Kubicki, durchgesetzt, dass Canel auf einen Platz auf der Landesliste für die Bürgerschaftswahl verzichtete.